BERLIN. Der Vorsitzende des Innenausschusses, Lars Castellucci (SPD), hat nun doch für heute zu einer weiteren Sondersitzung des Innenausschusses geladen. Die Ampel hatte dies zunächst abgelehnt, um Innenministerin Nancy Faeser (SPD) aus der Schußlinie zu bekommen.
Doch die Vorwürfe gegen die 53jährige in der Causa Arne Schönbohm haben sich so verdichtet, daß Castellucci keine andere Wahl mehr sah, dem Drängen der Opposition nachzugeben. Laut eines inzwischen öffentlich gewordenen Vermerks (siehe unten) hatte sie den Verfassungsschutz gegen den damaligen Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) eingesetzt, um haltlose Vorwürfe zu Schönbohms angeblicher Rußland-Nähe zu belegen. Diese hatte ZDF-Propagandist Jan Böhmermann in die Welt gesetzt.
Faeser will sich Fragen wieder nicht stellen
Faeser kündigte an, ihrer Anhörung auch heute fernzubleiben – dabei ist dies der einzige Tagesordnungspunkt der Sondersitzung. Sie werde sich von einer parlamentarischen Staatssekretärin vertreten lassen, berichtet die Welt. Denn Faeser wolle sich lieber auf die Beratung des Haushalts ihres Ministeriums im Bundestag konzentrieren.
Bereits am Dienstag hatte sie die Sondersitzung wegen einer angeblichen Corona-Infektion geschwänzt, gleichzeitig aber in Hessen ein Wahlkampf-Interview gegegen, wo sie als SPD-Spitzenkandidatin antritt. Gestern tauchte sie zweitweise im Bundestag auf. Dies sorgte für weiteren Unmut. Die Opposition ist sich sicher, daß Faser sich nicht den Fragen im Innenausschuß stellen will, weil sie etwas zu verbergen hat.
Schönbohm verklagt Faeser
Schönbohm, Sohn des CDU-Politikers Jörg Schönbohm (1937–2019), verklagt das Innenministerium und das ZDF inzwischen auf Schadensersatz. Der nun aufgetauchte Vermerk aus ihrem Haus belegt, wie Faeser den Böhmermann-Vorwurf gegen Schönbohm wieder neu konstruieren wollte, obwohl längst klar war, daß dieser falsch und der BSI-Chef unschuldig war.
Darin heißt es, Faeser weigere sich den Abschlußbericht der Vorermittlung gegen Schönbohm zu unterzeichnen, weil sie „die Dinge, die wir ihr zugeliefert haben, zu ‚dünn‘“ fand. Vielmehr sollten die Mitarbeiter „nochmals BfV (Bundesamt für Verfassungsschutz, die Red.) abfragen und alle Geheimunterlagen zusammentragen“. Doch dies ist rechtswidrig.
Faeser verbot Schönbohm, sich öffentlich zu äußern
Schönbohm hatte sich nach den falschen Böhmermann-Vorwürfen am 17. Oktober 2022 gezwungen gesehen, ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst zu beantragen, um sich zu rehabilitieren. Faeser hatte ihm wenige Tage zuvor verboten, sich zu den schweren Vorwürfen öffentlich zu äußern. Am 18. Oktober untersagte die Ministerin ihm dann „die Führung der Dienstgeschäfte“.
Mangels Tatverdacht kam das Disziplinarverfahren jedoch nie über die Vorermittlungen hinaus – obwohl diese sogar länger dauerten als die festgelegte Dauer von höchstens drei Monaten. Faeser wollte dies nicht akzeptieren und nach dem Abschluß der langwierigen Vorermittlungen noch einmal den Geheimdienst auf Schönbohm ansetzen. Fragen zu dem gesetzwidrigen Verhalten beantwortete die Innenministerin nie – und sie will es auch heute, in der zweiten Sondersitzung des Innenausschusses innerhalb von drei Tagen, nicht tun. (fh)