BERLIN. Ein in ihrem Haus angelegtes Dossier über den ehemaligen Chef des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm, bringt Innenministerin Nancy Faeser (SPD) in weitere Bedrängnis.
Wie die JUNGE FREIHEIT am Freitag enthüllt hatte, telefonierte Faesers Staatssekretärin Juliane Seifert am 6. April und 23. Mai 2022 zwei Mal mit ZDF-Moderator Jan Böhmermann. Dieser hatte mit falschen Vorwürfen im Oktober 2022 über Schönbohms angebliche Rußland-Nähe Faeser den Anlaß geboten, den BSI-Chef zu feuern.
Stammen Böhmermanns Infos von Faeser?
Die Innenministerin steht nicht nur wegen der mit falschen Vorwürfen konstruierten Kündigung in der Kritik. Aus einem internen Vermerk, der der JUNGEN FREIHEIT vorliegt, geht zudem hervor, daß sie den Verfassungsschutz auf Schönbohm ansetzte, als sich die Anschuldigungen nicht erhärteten. Seit Tagen weigert sich die SPD-Politikerin, sich Fragen im Parlament zu den skandalösen Vorgängen zu stellen.
Zurück zu den beiden Gesprächen: Diese hatte das Innenministerium in einer Antwort auf eine AfD-Anfrage eingeräumt. Was wurde dort besprochen? Hat die Faeser-Vertraute Seifert den ZDF-Mann mit Vorwürfen gegen Schönbohm gefüttert? Das bestreitet das Innenministerium. Angeblich sei es um die Kampagne „Haß im Netz“ gegangen. Doch die verantwortet das Grünen-geführte Familienministerium.
Das Dossier mit belastenden Informationen über Schönbohm legte das Innenministerium kurz nach den Gesprächen mit Böhmermann an – und holte es wieder heraus, als dieser in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ Schönbohm schwer anschoß. Das berichtet das Portal Nius. Demnach wurde es im Oktober 2022 genutzt, um dem BSI-Chef die Führung der Amtsgeschäfte zu untersagen.
Auffälliger zeitlicher Zusammenhang
Ist der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen den Gesprächen der Staatssekretärin mit Böhmermann und dem Anlegen der Akte nur ein Zufall? Kurz darauf jedenfalls soll der Leiter der Stabstelle IT- und Cybersicherheit, sichere Informationstechnik im Innenministerium, Andreas Könen, seine Abteilung mit dem Sammeln von Informationen über Schwächen und Verfehlungen des BSI-Chefs Schönbohm beauftragt haben. Daraus entstand dann das Dossier.
Das gehe aus Dokumenten hervor, die Nius, so der Bericht, eingesehen habe, „dem Parlament aber bisher offenbar vorenthalten werden“. Das Dossier sei „unter Verschluß“ gekommen. Schönbohm, der Sohn des ehemaligen CDU-Politikers Jörg Schönbohm, sei nicht – wie üblich – mit den Vorwürfen konfrontiert worden. Offenbar hat er erstmals aus der Böhmermann-Sendung erfahren, welche Intrige gegen ihn lief. (fh)