KARLSRUHE. Die Bundestagswahl in Berlin muß teilweise wiederholt werden. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Abstimmung von 2021 in 455 der insgesamt 2.256 Wahlbezirke für ungültig. Dies gelte für die Erst- und Zweitstimme. Die Neuwahl muß innerhalb der kommenden 60 Tage – mutmaßlich am 11. Februar – stattfinden.
Der Bundestag hatte 2022 mit den Stimmen der Ampel-Koalition beschlossen, die Chaos-Wahl in der Hauptstadt nur teilweise zu wiederholen. Nämlich in 431 Wahlbezirken. Die Union dagegen forderte, die Wahl in rund 1.200 Wahlbezirken zu wiederholen. „Bei der Organisation und Durchführung der Wahl hat es ein systemisches Versagen gegeben. Wir meinen, daß man in wesentlich mehr Wahlbezirken Wahlfehler feststellen kann, die Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestages haben können“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Patrick Schnieder (CDU).
Massive Probleme und Chaos in Berlin
Die AfD hatte gefordert, die Abstimmung in der gesamten Stadt zu wiederholen. Diese Beschwerde lehnten die Karlsruher Richter ab: „Die Wahlprüfungsbeschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den gesetzlichen Substantiierungsanforderungen. Ein unsachgemäßes Vorgehen des Wahlprüfungsausschusses vermag die Beschwerdeführerin nicht hinreichend darzulegen. Ihre Ausführungen zu Wahlfehlern, zur Mandatsrelevanz und zu den Rechtsfolgen der geltend gemachten Fehler genügen nicht, um die Notwendigkeit einer Wiederholung der Bundestagswahl im gesamten Land Berlin zu begründen.“
Beim Urnengang 2021 war es überall in der Hauptstadt zu massiven Problemen gekommen. Es gab teilweise zu wenig Stimmzettel, Wahllokale wurden geschlossen, teilweise mußten Wähler stundenlang warten, bevor sie ihre Stimme abgeben konnten. Die damals gleichzeitig stattfindende Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus mußte nach einem Urteil des Berliner Verfassungsgerichts gänzlich wiederholt werden.
Linkspartei profitiert von dem Urteil
Relevant ist die Entscheidung vor allem, weil teilweise auch in zwei Bundestagswahl-Bezirken neu gewählt werden muß, in denen die Kandidaten der Linkspartei gewonnen hatten. Die Partei war damals in ganz Deutschland mit 4,9 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert und nur wegen drei gewonnener Direktmandate in Gruppenstärke eingezogen. Konkret geht es um die Bezirke Treptow-Köpenick und Lichtenberg. In Treptow-Köpenick hatte Gregor Gysi (Linkspartei) deutlich mit mehr als 35 Prozent und fast 20 Prozentpunkten Vorsprung gewonnen.
In Lichtenberg setzte sich die Linkspartei-Politikerin Gesine Lötzsch mit rund 25 Prozent vor dem SPD-Bewerber durch.
Da nur in wenigen Bezirken der beiden Wahlkreise neu gewählt werden muß, gilt es als unwahrscheinlich, daß die beiden Linkspartei-Politiker ihr Direktmandat verlieren. Damit bleiben auch die anderen Linken-Politiker, die sich mittlerweile in eine Gruppe um Sahra Wagenknecht und den Rest der Linkspartei gespalten haben, im Bundestag vertreten. Wäre die Wahl in der gesamten Stadt wiederholt worden, hätte dagegen die Chance bestanden, daß Lötzsch und Gysi ihre Wahlkreise verlieren. (ho)