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Pro Nuklear-Kundgebung in Berlin: Atomkraft: „Besser halb umgedreht, als total geirrt“

Pro Nuklear-Kundgebung in Berlin: Atomkraft: „Besser halb umgedreht, als total geirrt“

Pro Nuklear-Kundgebung in Berlin: Atomkraft: „Besser halb umgedreht, als total geirrt“

Pro-Atomkraft-Demonstranten vor dem Bundesumweltministerium in Berlin Foto: JF
Pro Nuklear-Kundgebung in Berlin
 

Atomkraft: „Besser halb umgedreht, als total geirrt“

Die Energiekrise ist das Thema der Stunde. In Deutschland hat die Atomkraft jedoch einen äußerst schweren Stand. Eine Gruppe kämpft jedoch dagegen an. Ein Demo-Bericht aus Berlin.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Deutschland befindet sich im Würgegriff von Klima-Alarmisten und Straßen-Blockierern. In kaum einem anderen Land der Welt hat die Atomkraft einen derart schweren Stand. Tschernobyl und Fukushima haben bis heute viele Menschen im Land verängstigt. Doch mit Blick auf die sich anbahnende Energiekrise bekommen Freunde der nuklearen Energiegewinnung unerwarteten Auftrieb.

Am Potsdamer Platz protestieren rund 30 Menschen für eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken. Der Verein „Nuklearia“ hat laut eigenen Angaben die Veranstaltung in weniger als 72 Stunden organisiert. Mit Schildern und Transparenten ausgestattet steht der Pulk vor dem Umweltministerium, das von den Aktivisten spöttisch „Kohle-Ministerium“ genannt wird – anspielend auf den außerplanmäßigen Weiterbetrieb von Kohlekraftwerken infolge der aktuellen Energiekrise.

„Vereinigt euch hinter der Wissenschaft“

Ein Teilnehmer der Demonstration für Kernkraft Foto: JF

Auf den ersten Blick lassen sich weder die Teilnehmer, noch deren Forderungen von „konventionellen“ Umweltschützern unterscheiden: „Unite behind the science“, zu deutsch „Vereinigt euch hinter der Wissenschaft“ oder auch „Lieber Kohle als Atom – Habeck ist ein Klima-Gnom“ steht auf ihren Transparenten. Auffallend ist, daß erstaunlich viele junge Menschen, klassische Großstadt-Hipster, an der Veranstaltung teilnehmen. Das Anliegen weckt generationenübergreifend Interesse: Eine junge Frau ist mit ihrer Mutter und ihrer Großmutter extra aus Frankfurt am Main angereist.

Michael Shellenberger, ein Pionier der internationalen Pro-Atomkraftbewegung, ist auch vor Ort. Gerade reist er für sein neues Buch durch Europa: „Der Krieg gegen die Kernkraft. Und warum er uns allen schadet.“ In den USA ist Shellenberger kein Unbekannter, bereits mehrfach war er Gast beim „Joe Rogan Podcast“, dem erfolgreichsten Interviewformat der Welt, eine durchschnittliche Episode erreicht beim Audio-Streaming-Dienst „Spotify“ rund Elf Millionen Zuhörer.

Der Umweltschützer erkennt den menschengemachten Klimawandel vollumfänglich an, jedoch ist er ein Gegner des grünen Alarmismus und plädiert stattdessen dafür, undogmatisch und mit Hilfe moderner Technologien aktiv zu werden. Seine Rede spiegelt das an dem Tag wider.

Shellenberger hält Debatte über Atomkraft für „religiös“

Unterhaltsam und leidenschaftlich schildert er die Schwierigkeiten, gerade in Deutschland, für nukleare Energie zu werben: Bei einem Treffen mit Gleichgesinnten in London 2016 sei es allgemeiner Konsens gewesen, daß die Bundesrepublik ein hoffnungsloser Fall sei. Zu stark sei die hiesige Anti-Atomlobby.

Während Atomkraft in Frankreich populär sei und in den Niederlanden wieder verstärkt in den öffentlichen Diskurs vorrücke, gestalte sich die Trendwende im Land der Dichter und Denker besonders schwierig. In der deutschen Bevölkerung habe die Abwehrhaltung gegen Nuklearkraft beinahe religiöse Ausmaße. „Kernkraft symbolisiert in der deutschen Klimawandel-Debatte den Teufel“, sagt Shellenberger. Doch ein wahrer Kämpfer bleibt nur stehen, um Luft zu holen.

„Nein, wir lieben Deutschland zu sehr!“, habe er erwidert. Ganz Optimist, berichtet er, langsam einen Umschwung beim Deutschen Michel zu erkennen. Er habe sich vor kurzem mit einer Frau mittleren Alters unterhalten, die beteuerte, ihr Leben lang gegen Kernenergie gewesen zu sein. Der Krieg in der Ukraine und die daraus folgenden Preissteigerungen hätten sie aber umdenken lassen. „Für mich war das eine Erinnerung, daß wir gerade erst anfangen“, konstatiert der US-Amerikaner.

Habeck habe die Öffentlichkeit „seit Februar getäuscht“

Gegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) erhebt er schwere Vorwürfe. Dieser habe mit seinen widersprüchlichen Behauptungen hinsichtlich der Machbarkeit, deaktivierte Reaktoren wieder hochzufahren, die Öffentlichkeit „seit Februar getäuscht“. Gerade mit Blick auf die Dritte Welt sei ein deutscher Atomausstieg fatal: Wenn die Bundesrepublik aufgrund von Mangel keine Energie exportieren könne, bekämen Entwicklungsländer dementsprechend weniger. Nuklearenergie sollte weiterlaufen, „wenn ihr euch wirklich für eure Verpflichtungen gegenüber anderen Ländern interessiert“, fordert Shellenberger.

Olguita Oudendijk von der niederländischen Sammelbewegung „Kern vor Klimaat“, auf Deutsch „Kernkraft fürs Klima“, spricht ebenfalls kurz. Sie sagt, in ihrem Heimatland schaue man besorgt nach Deutschland, schließlich seien die wirtschaftlichen Verbindungen zum großen Nachbarn essentiell für den eigenen Wohlstand. Eindringlich appelliert sie für die Nutzung von Atomkraft. Diese sei billig, zuverlässig und mache unabhängig von Öl und Gas aus dem Ausland. Vor dem Gebäude des Umweltministeriums, welches Grünen-Politikerin Steffi Lemke untersteht, richtet sie die Bitte an deren leider nicht anwesenden Parteikollegen Habeck, seinen Standpunkt bezüglich Atomenergie zu überdenken. „Besser halb umgedreht, als total geirrt“, sagt sie unter Applaus ihrer Mitstreiter.

Pro-Atomkraft-Demonstranten vor dem Bundesumweltministerium in Berlin Foto: JF
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