KARLSRUHE. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang keine einzige Beschwerde gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht zur Entscheidung angenommen. Insgesamt seien bis zum 29. April 215 Verfassungsbeschwerden gegen die „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht nach § 20a Infektionsschutzgesetz“ eingegangen, teilte das Gericht am Freitag auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT mit. 172 Beschwerden, also 80 Prozent aller Fälle, seien „nicht zur Entscheidung angenommen“ worden.
„In sämtlichen der bereits erledigten Verfahren wurden die Verfassungsbeschwerden entweder mit einer sogenannten Tenorbegründung nicht zur Entscheidung angenommen oder es wurde vollständig von einer Begründung der Entscheidung abgesehen“, heißt es aus Karlsruhe. Weitere 43 Verfahren seien noch anhängig.
Staatsrechtler spricht von „systematischer Rechtsverweigerung“
Staatsrechtlicher Ulrich Vosgerau spricht gegenüber der JF von einer „systematischen Rechtsverweigerung“ der Karlsruher Richter. „Man sollte erwarten, daß das Bundesverfassungsgericht sich sorgfältig mit wissenschaftlich fundierten Argumenten auseinandersetzt“, erklärte der Jurist. Dies aber passiere nicht. Stattdessen lehne das Gericht die Verfassungsbeschwerden mit dem Hinweis einer mangelhaften Begründung ab. Die Behauptungen der zuständigen Kammer seien jedoch „nachweislich unzutreffend“, meint Vosgerau. Viele Kollegen hätten ihre Verfassungsbeschwerde selbstverständlich und häufig auch besonders aufwendig begründet.
In einem Beschluß vom 10. Februar hatte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt, mit dem die Beschwerdeführender begehrten, den Vollzug der „einrichtungs- und unternehmensbezogene Nachweispflicht“ vorläufig auszusetzen. Über das Hauptsacheverfahren hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht entschieden. Ein Entscheidungstermin sei noch nicht absehbar. (ha)
In der kommenden Ausgabe der JF finden Sie einen ausführlichen Meinungsbeitrag zur Thematik von Dr. Ulrich Vosgerau.