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Russische Eliten: Bundesregierung schweigt zu Sanktionen gegen Oligarchen

Russische Eliten: Bundesregierung schweigt zu Sanktionen gegen Oligarchen

Russische Eliten: Bundesregierung schweigt zu Sanktionen gegen Oligarchen

Die verhüllte Yacht "Dilbar" im Hamburger Hafen soll einem russischen Oligarchen gehören: Sanktionen sollen Eliten treffen Foto: picture alliance/dpa | Markus Scholz
Die verhüllte Yacht "Dilbar" im Hamburger Hafen soll einem russischen Oligarchen gehören: Sanktionen sollen Eliten treffen Foto: picture alliance/dpa | Markus Scholz
Die verhüllte Yacht „Dilbar“ im Hamburger Hafen soll einem russischen Oligarchen gehören: Sanktionen sollen Eliten treffen Foto: picture alliance/dpa | Markus Scholz
Russische Eliten
 

Bundesregierung schweigt zu Sanktionen gegen Oligarchen

Mit Sanktionen gegen Oligarchen soll die Elite von Rußland und Weißrußland wegen des Ukraine-Krieges getroffen werden. Während einige europäische Staaten bereits konkrete Zahlen dazu veröffentlichen, hüllt sich die Bundesregierung in Schweigen.
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Von den Sanktionen, die die Europäische Union (EU) gegen Rußland und Weißrußland wegen des Angriffs auf die Ukraine verhängt hat, sind auch zahlreiche Oligarchen und Angehörige der Eliten in beiden Ländern betroffen. Alle ihre Vermögenswerte in den EU-Mitgliedsstaaten müssen eingefroren werden, da sie mittel- oder unmittelbar als Profiteure des Angriffskrieges gelten. 877 Personen und 62 Organisationen umfaßt eine entsprechende Auflistung.

Gleich nach ihrem Inkrafttreten wurden auch alle den EU-Sanktionen folgenden europäischen Rechtsakte geltendes Recht in Deutschland. So greift zum Beispiel das in Artikel 2 der Embargoverordnung enthaltene Verfügungsverbot. „Das heißt, daß die gelisteten Personen über ihre Vermögensgegenstände und ihr Finanzvermögen nicht verfügen dürfen“, erläuterte ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums vergangene Woche. Das Verfügungsverbot entspricht damit einer Beschlagnahmung. „De facto sind sowohl die Vermögensgegenstände als auch die finanziellen Vermögenswerte beschlagnahmt.“

Wie so eine Beschlagnahme – sei es einer Immobilie oder einer Luxusyacht – aussieht, wird im Einzelfall entschieden und unterliegt dem Richtervorbehalt. Es kommt also zum Beispiel darauf an, ob der Eigentümer seine Immobilie selbst bewohnt (dann darf er das wahrscheinlich auch weiterhin) oder ob er sie vermieten oder veräußern möchte. In diesem Fall „werden die Behörden die Beschlagnahmung, die aus dem europäischen Recht hervorgeht, exekutieren“, so der Sprecher des Wirtschaftsministers. Im Klartext: Das Zustandekommen des Geschäfts wird verhindert. „Die Banken haben ausgefeilte Mechanismen, um solche Transaktionen aufzudecken.“

Welche Vermögenssummen haben russische Oligarchen?

Laut Bundesregierung sind die Geschäftsbanken und Versicherungen zuständig für das Einfrieren von Vermögenswerten. Werden sie aktiv, müssen sie darüber an die Bundesbank berichten.

Die Bundesregierung hat zudem eine sogenannte Taskforce unter der Federführung des Wirtschafts- und des Finanzministeriums errichtet. Ihre Aufgabe sei es, die Informationen von verschiedenen Stellen über solche Vermögenswerte russischer Oligarchen zusammenzufassen und die Tätigkeit der Behörden vor Ort zu koordinieren. Allerdings werde es nach Angaben eines Sprecher noch etwas dauern, bevor man von dort etwas berichten könne.

Doch über welche Vermögenssummen in Deutschland verfügen russische Oligarchen überhaupt? Und wie gliedern sich die auf, etwa in Konzernen, Beteiligungen, Immobilien, mobilen Gütern und Geldanlagen?

Auskunft könnte Erfolg der Sanktionen gefährden

Das wollte der Bundestagsabgeordnete Götz Frömming (AfD) von der Bundesregierung erfahren. Das Bundesfinanzministerium indes mauert: Sehr allgemein antwortete die Parlamentarische Staatssekretärin Katja Hessel (FDP), daß man in enger Absprache mit den zuständigen Stellen der Länder stehe, „um die beschlossenen Sanktionen konsequent durchzusetzen und gegen Sanktionsverstöße vorzugehen“.

Doch Details zu operativen Erkenntnissen könnten nicht offengelegt werden. Und auch zur erfaßten Summe sowie der Zusammensetzung könne man angesichts einer sonst drohenden Staatswohlgefährdung nichts sagen: „Nach sorgfältiger Abwägung ist die Bundesregierung zu der Auffassung gelangt, daß die erbetenen Informationen derart schutzbedürftig sind, daß selbst ein geringfügiges Risiko des Bekanntwerdens mit Blick auf den potentiellen Schaden nicht hingenommen werden kann“, heißt es im Antwortschreiben des Finanzministeriums an den AfD-Abgeordneten. Selbst in der Geheimschutzstelle dürften die brisanten Informationen nicht hinterlegt werden. Das allerdings steht in einem gewissen Widerspruch zu den Angaben des Sprechers von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) von vergangener Woche, wonach der Taskforce noch gar keine Zahlen vorlägen.

Das Finanzministerium dagegen betont, durch ein Bekanntwerden der angeforderten Informationen und Auskünfte würde „der Erfolg der im europäischen Rahmen beschlossenen Sanktionsmaßnahmen konkret gefährdet.“ Insbesondere könnten in einem solchen Fall Betroffene „ihre Vermögenswerte dem Sanktionsreglement entziehen“. Dies sei „aufgrund der hohen Schutzgüter, denen die Sanktionsdurchsetzung im Falle Rußland dient, nämlich dem Schutz der internationalen Friedensordnung und dem Schutz der auswärtigen Beziehungen, nicht hinnehmbar, so daß das verfassungsrechtlich verbürgte parlamentarische Fragerecht vollumfänglich zurückzustehen hat“, stellt die Staatssekretärin fest.

„Das ist absurd“

Fragesteller Frömming überzeugt das nicht. „Die Bundesregierung erklärt das Wissen über die Vermögenswerte russischer Oligarchen zum Staatsgeheimnis, angeblich um die beabsichtigten Sanktionen nicht zu gefährden. Das ist absurd“, meint er gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Es gehöre schließlich zum Wesen von Sanktionen, diese auch öffentlich zu machen, so wie es andere Länder bereits getan haben. „Belgien gibt beispielsweise an, bereits zehn Milliarden eingefroren zu haben. Frankreich immerhin 850 Millionen.“ Die deutsche Regierung bleibe jedoch die Antwort schuldig, ob sie überhaupt schon aktiv geworden ist, empört sich der Bundestagsabgeordnete und macht klar: „Mit dieser Antwort werden wir uns nicht zufrieden geben.“

Unterdessen hat eine internationale Recherchegruppe verschiedener Medien eine Liste unter dem Namen „Russian Asset Tracker“ zusammengestellt, laut der in Europa über 145 Besitztümer an russischem Vermögen mit einer Gesamtsumme von rund 15 Milliarden Euro liegen sollen.

Die verhüllte Yacht „Dilbar“ im Hamburger Hafen soll einem russischen Oligarchen gehören: Sanktionen sollen Eliten treffen Foto: picture alliance/dpa | Markus Scholz
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