BERLIN. Die Bundesregierung schätzt die Gefahr des islamistischen Terrors weiterhin als hoch ein. Vor allem „im gewaltbereiten salafistischen Spektrum“ sei die Lage geprägt durch eine „unterschwellig diffuse Bedrohungslage“, heißt es in einer Antwort des Bundesinnenministerium auf eine Anfrage des AfD-Abgeordneten Martin Hess, die der JUNGEN FREIHEIT vorliegt.
Auch hinsichtlich der Zahl der „extremistisch-islamistisch geprägten Personen“, die sich in Deutschland aufhalten, haben sich demnach keine Änderungen ergeben. Das Personenpotential im „Bereich des Islamismus/Islamistischer Terrorismus“ liege nach wie vor bei rund 28.000. Die größte Gruppe bildeten mit mehr als 12.000 die Salafisten, gefolgt von rund 10.000 Anhängern der Milli-Görüs-Bewegung und der Muslimbruderschaft (1.350).
Mehr als 800 Gefährder und relevante Personen in Deutschland
Keine Angaben machte das Bundesinnenministerium zu der Frage, wie viele dieser Islamisten keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Eine Beantwortung könne „wegen des damit verbundenen unzumutbaren Aufwands nicht erfolgen“.
Stand 4. Januar 2021 befanden sich der Antwort zufolge 346 sogenannte islamistische Gefährder und 462 relevante Personen in Deutschland. Gefährdern wird jederzeit eine schwere oder staatsgefährdende Straftat zugetraut, als „relevant“ bezeichnen Sicherheitsbehörden jene Personen, die innerhalb einer terroristischen oder extremistischen Gruppe eine Führungsrolle oder die Funktion eines Unterstützers oder Akteurs innehaben.
Eine Möglichkeit, Gefährder zu überwachen, haben Bund und Länder mit Fußfesseln. Doch wie eine weitere Anfrage des AfD-Politikers Hess ergab, wurden in den vergangenen zwei Jahren keine Gefährder oder relevante Personen gemäß Bundeskriminalamtgesetz mit einer elektronischen Fußfessel überwacht.
„Sofortige Abschiebung oder längerfristiger Präventivgewahrsam“
Auch die Bundesländer haben die Möglichkeit, Gefährder per „elektronischer Aufenthaltsüberwachung“ im Blick zu behalten. Eine Anfrage der JUNGEN FREIHEIT an die Innen- oder Justizministerien der Länder hatte vor kurzem jedoch ergeben, daß derzeit hiervon kaum bis gar nicht Gebrauch gemacht wird. Lediglich Hessen gab an, daß „aktuell Personen im unteren einstelligen Bereich mit einer Fußfessel im Phänomenbereich der religiösen Ideologie überwacht“ würden.
Diesen Umstand will die CSU im Bundestag ändern. Sie beschloß Anfang Januar den verstärkten Einsatz von Fußfesseln gegen islamistische Gefährder. Daß dies ein effizientes Mittel ist, bezweifelt der ehemalige Polizeihauptkommissar Hess gegenüber der JF vehement. Die CSU gebe vor, daß die elektronische Aufenthaltsüberwachung Anschläge verhindern könne. „Dies ist mitnichten der Fall, da der Gefährder sich weiterhin frei bewegen kann. Die Fußfessel verbessert höchstens die Aufklärungsergebnisse der Polizei in Bezug auf das Bewegungsbild oder die Kontaktpersonen“, unterstreicht Hess.
Die einzige Möglichkeit, um Gefährder effektiv daran zu hindern, Anschläge zu begehen, seien die „sofortige Abschiebung beziehungsweise Abschiebehaft oder längerfristiger Präventivgewahrsam, wo die Abschiebung nicht möglich ist“, fordert der AfD-Politiker. (ls)