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„Rigaer94“ und „Liebig34“: Wie Berlins Behörden vor Linksextremisten kuschen

„Rigaer94“ und „Liebig34“: Wie Berlins Behörden vor Linksextremisten kuschen

„Rigaer94“ und „Liebig34“: Wie Berlins Behörden vor Linksextremisten kuschen

Polizeieinsatz am „Dorfplatz“
Polizeieinsatz am „Dorfplatz“
Polizeieinsatz am „Dorfplatz“ – so nennen die Anwohner die Kreuzung Rigaer Straße und Liebigstraße Foto: Lukas Steinwandter
„Rigaer94“ und „Liebig34“
 

Wie Berlins Behörden vor Linksextremisten kuschen

Mitten in einem der angesagtesten Stadtteile Berlins befinden sich die linksextremen Szenetreffs „Rigaer94“ und „Liebig34“. Sie stehen nicht nur als symbolische Festungen linksradikaler Straßendominanz. Die jüngsten Vorfälle dort zeigen, wie zögerlich Berlins Behörden dagegen vorgehen und die Extremisten teilweise sogar unterstützen.
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Eigentlich ist der Fall klar: Mietvertrag ausgelaufen, Besitzer will sein Haus zurück, Gericht bestätigt Räumungsklage. Eigentlich, denn bei der Immobilie handelt es sich um einen der letzten symbolträchtigen linksextremen Szenetreffs in Berlin: die „Liebig34“ im Ortsteil Friedrichshain.

Die grün-links-dominierte Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg stimmte vor wenigen Wochen dafür, das Haus zu erhalten. Es sei „fest in der Nachbarschaft des Samariterkiezes verwurzelt“ und böte „jenseits der fortschreitenden Kommerzialisierung wichtige Infrastruktur für kulturellen und politischen Austausch“, heißt es in dem Beschluß. „Die Liebig34 ist eben nicht irgendein Haus. Ein solches über viele Jahre gewachsenes anarcha-queer-feministischen Hausprojekt läßt sich nicht einfach verpflanzen.“

Einige Tage zuvor hatte das Berliner Landgericht einer Räumungsklage des Eigentümers stattgegeben. Der Prozeß geht aber wahrscheinlich in die nächste Runde, da der unterlegene Verein angeblich nicht derselbe ist, der die Wohnungen angemietet hat. Am Ergebnis dürfte sich jedoch nichts ändern. Bis dahin dürfen die Anwohner weiter unliebsame Neubaubesitzer schikanieren.

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Rund 50 Meter weiter steht der berüchtigte linksextreme Hotspot „Rigaer94“. Die Situation dort ist komplizierter. Das Haus ist nur teilweise besetzt – einige Bewohner haben reguläre Mietverhältnisse – und der Eigentümer ist der Stadt nicht bekannt. Im Grundbuch steht dem Rundfunk Berlin-Brandenburg zufolge die Briefkastenfirma Lafone Investments Limited mit Sitz im Nordosten Englands. Gerüchten zufolge handelt es sich bei dem Mann dahinter um einen Berliner Geschäftsmann. Daß dieser anonym bleiben will, ist verständlich. Als Linksextreme die Privatadresse seines Anwalts herausgefunden hatten, verübten sie mehrere Anschläge auf sein Auto.

Im Schnitt mehr als ein Polizeieinsatz jeden Tag

Beide Häuser stehen als nicht nur symbolische Festungen linksextremer Straßendominanz mitten in einem der angesagtesten Stadtteile Berlins. Der Berliner Verfassungsschutz widmet ihnen in seinem aktuellen Bericht jeweils einen eigenen Eintrag und spricht im Fall „Rigaer94“ von einem „Ausgangspunkt und Rückzugsort von bzw. nach militanten Aktionen zur Erkämpfung bzw. Verteidigung ‘Autonomer Freiräume’“. Teile der Gebiete rund um die besetzten Immobilien gelten als kriminalitätsbelasteter Ort und binden personelle Ressourcen und Steuergelder.

Das spiegelt sich auch in der Zahl der Polizeieinsätze wieder. Wie die Berliner Polizei nun auf Nachfrage der JUNGEN FREIHEIT mitteilte, rückte sie vom 1. Januar bis zum 21. Juli dieses Jahres mehr als 250 Mal an. Allein über 50 Mal wurden die Beamten über den Notruf oder von Kollegen angefordert. Etwa 200 weitere Einsätze startete die Polizei aufgrund der Einstufung als kriminalitätsbelasteter Ort. Im Durchschnitt ist das mehr als ein Einsatz pro Tag, allein wegen der zwei in der deutschen Öffentlichkeit oft als „Wohnprojekte“ verharmlosten linksextremen Szenetreffs.

Die Polizei bestätigte auf JF-Anfrage zudem, daß sie ihre Präsenz in der Liebigstraße und der Rigaer Straße in den vergangenen 14 Tagen verstärkt habe. Am heutigen Donnerstag vor zwei Wochen durchsuchte die Polizei zwei Wohnungen in der Rigaer Straße 94. Grund dafür waren unter anderem Ermittlungen im Fall eines Angriffs auf eine Beamtin. Die Polizei rückte mit 200 Mann an, darunter auch eine Spezialeinheit, die beim Eindringen in verbarrikadierte Häuser eingesetzt wird.

Zwei Nächte darauf zog eine Gruppe Linksextremer randalierend durch Friedrichshain und beschädigte Autos, Schaufenster und Hausfassaden. Am Montag dann knallte es erneut: Der Hausverwalter und der Rechtsanwalt des Eigentümers wollten sich einen Überblick über die Situation in dem Haus verschaffen. Es blieb beim Versuch. Denn die Linksextremen vertrieben sie, der Verwalter soll mit einer Eisenstange am Kopf attackiert worden sein. Als die Polizei eintraf, wurde auch sie angegriffen.

Hausverwalter will Stahltür entfernen: Kein Polizeischutz

Wie später herauskam, war bei der Durchsuchung vor zwei Wochen auch der Hausverwalter anwesend „und nahm unabhängig von der Razzia einige Wohnungen wieder in Besitz“, wie der Tagesspiegel schrieb. In den Räumlichkeiten sei niemand gemeldet, weshalb er ein illegales Stahltor entfernen ließ, das gegen Baurecht und Brandschutz verstoße.

Wandschmiererei am „Dorfplatz“
Wandschmiererei am „Dorfplatz“ Foto: Lukas Steinwandter

Weil die Linksextremen aber erneut eine Stahltür eingebaut haben sollen, will er nun wieder in das teilbesetzte Haus. Doch die Polizei verweigert dem Hausverwalter jeglichen Schutz. Auf Nachfrage des Blatts begründete sie dies damit, daß es sich vor allem, „um zivilrechtliche Streitigkeiten zwischen der Eigentümerin des Objektes beziehungsweise deren Vertretenden und den Bewohnenden handelt“, weshalb das Neutralitätsgebot und „widerstreitende Interessen“ hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse berücksichtig werden müßten. Allerdings stelle sie „die Verfolgung von Straftaten selbstverständlich sicher“.

Der SPD-Innenexperte Tom Schreiber, der regelmäßig ins Visier der Linksextremen gerät, vermutet hinter dem Zögern der Polizei Druck aus der Innenverwaltung ­– auch auf Polizeipräsidentin Barbara Slowik. Als am Montag vergangene Woche der Hausverwalter am Betreten der Rigaer 94  gehindert wurde und Polizisten die mutmaßlichen Täter nicht bis in ihre Wohnungen verfolgten, kritisierte der Verwalter anschließend: Beamte hätten ihm erklärt, sie dürften auf Anweisung der Polizeiführung nicht in das Haus.

Was, wenn die Häuser von Identitären bewohnt wären?

Dies könnte mehr als bloß eine Behauptung sein, denn Slowik hatte 2019 einen „Entscheidungsvorbehalt der Behördenleitung zum gewaltsamen Eindringen in linke Szeneobjekte“ verfügt. Größere Polizeieinsätze müssen in der Rigaer Straße also immer erst von ganz oben abgesegnet werden. Bestehe „Gefahr für Leib und Leben“, gelte dies aber nicht. Ebenso bei einer „Eilbedürftigkeit“ zur „Verfolgung auf frischer Tat“. Einen solchen Anlaß hatte es laut Polizei an dem Tag aber nicht gegeben – obwohl der Hausverwalter, der Anwalt und später auch die eintreffenden Beamten von Bewohnern der „Rigaer94“ attackiert wurden.

Der Hausverwalter dürfte also auch bei seinem nächsten rechtmäßigen Besuch auf sich allein gestellt sein. Hilfe von der Polizei kann er erst erwarten, nachdem eine Straftat passiert ist, also nachdem er angegriffen wurde. Es ist müßig darüber nachzudenken, ob der rot-rot-grüne Senat und der grün-links-regierte Bezirk sich ebenso zurückhaltend verhalten würden, wenn „Liebig34“ und „Rigaer94“ nicht von „anarcha-queer“ oder „linksalternativen“ Extremisten bewohnt würden, sondern beispielsweise von Mitgliedern der Identitären Bewegung.

Polizeieinsatz am „Dorfplatz“ – so nennen die Anwohner die Kreuzung Rigaer Straße und Liebigstraße Foto: Lukas Steinwandter
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