KIEL. Die Stadt Kiel führt ab 1. Juli eine sogenannte geschlechtergerechte Sprache in ihrer Verwaltung ein. Städtische Ämter, Behörden und Betriebe müssen künftig das Gender-Sternchen („Kieler*innen“) oder geschlechtsneutrale Formulierungen („Studierende“, „Amtsleitung“) verwenden, berichtete die Kieler Zeitung.
Das Sternchen stehe „mit seinen weit verzweigten Strahlen für alle Geschlechter“, begründete die Stadtverwaltung ihre Entscheidung, sowohl für Männer und Frauen als auch für „Geschlechter jenseits binärer Mann-Frau-Kategorien“. Ein entsprechendes Konzept hatte die Agentur Fairlanguage mit Sitz in Quarnbek ausgearbeitet. Die Stadt zahlte dafür 50.000 Euro.
Der Kieler Personaldezernent Christian Zierau lobte die neuen Sprachregelungen. Gendergerechte Kommunikation sei „für eine Großstadt relativ selbstverständlich“. Es gehe darum, „modern zu kommunizieren“, sagte der von der CDU nominierte Stadtkämmerer. „Mir persönlich ist wichtig, daß Gespräche menschlich klingen und keinen Menschen ausschließen.“ Dies sei „gelebte Vielfalt und Anspruch gleichermaßen“. Die neuen Kommunikationsregelungen sollten „gelassen, pragmatisch und ungezwungen“ eingeführt werden. Auch Grüne und SPD werteten den Entscheid als „großartiges“ Zeichen.
Auch im mündlichen Gespräch Gender-Sternchen beachten
Das Konzept von Fairlanguage sieht auch vor, das Gender-Sternchen mündlich anzuwenden. Es solle „mit einer kurzen Pause gelesen beziehungsweise gesprochen“ werden. Damit werde „Raum für alle Geschlechter geschaffen und Vielfalt hörbar“. Statt Teilnehmer solle man nun „Teilnehmende“ sagen, auf eine geschlechtsspezifische Anrede solle verzichtet und stattdessen „Guten Tag, Vorname Nachname“ oder „Moin, Vorname Nachname“ formuliert werden.
In den vergangenen Monaten hatten bereits andere Großstädte in Deutschland angeblich gendergerechte Sprachregelungen eingeführt. Die Verwaltung Hannovers verwendet statt den Berufs- und Amtsbezeichnungen „Lehrer“, „Auszubildende“ oder „Sachverständige“ seit mehr als einem Jahr die Formulierungen „die Lehrenden“, „die Auszubildenden“ und „die Sachverständigen“. Die Stadt Lübeck setzt dagegen auf den sogenannten Geschlechter-Doppelpunkt. Statt Lübecker heißt es „Lübecker:innen“.
Die Mehrzahl der Deutschen lehnt eine solche Sprache allerdings ab. Wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest-Dimap im Auftrag der Welt am Sonntag ergab, halten 56 Prozent der Bevölkerung nichts von einer zwanghaften Verweiblichung der deutschen Sprache. Auch Frauen wenden sich demnach mehrheitlich (52 Prozent) gegen eine „geschlechtergerechte“ Sprache. (ls)