BERLIN. Die Grünen-Parteichefs Robert Habeck und Annalena Baerbock haben den Regierungsanspruch ihrer Partei bekräftigt. Baerbock sprach sich dafür aus, breitere Wählerschichten anzusprechen, um „alle mitzunehmen“. Ihre Partei wolle Verantwortung übernehmen und Dinge verändern, sagte sie am Montag dem Deutschlandfunk.
Hintergrund ist der digitale Parteitag der Grünen am vergangenen Wochenende, bei dem sie ihr Grundsatzprogramm aus dem Jahr 2002 durch ein Neues ersetzten. Darin einigten sie sich unter anderem auf ein bedingungsloses Grundeinkommen. Nach dem Willen der Partei soll eine Garantiesicherung eingeführt werden, um das „Hartz-IV-System“ abzulösen. Diese soll ohne Vorbedinungen gewährt werden. Die Grünen streben außerdem an, alle Sozialleistungen langfristig zusammenzufassen und in das Steuersystem zu integrieren.
Grüne: Islam gehört zu Deutschland
Der frühere Vorsitzende der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske (Grüne), hatte die Partei bereits vor dem Beschluß darauf hingewiesen, daß ein Grundeinkommen nicht, wie von ihnen geplant, nur durch Erbschafts- und Vermögenssteuern finanzierbar sei. Nötig seien seiner Ansicht nach auch eine höhere Lohnsteuer und womöglich eine höhere Mehrwertsteuer. Für diese gebe es aber keine gesellschaftliche Mehrheit, verdeutlichte Birkse laut der Frankfurter Allgemeinen.
Im neuen Grundsatzprogramm der Partei heißt es nun auch, daß der Islam „selbstverständlich“ zu Deutschland gehöre. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, „antimuslimischen Rassismus“ zu bekämpfen. Ebenso müsse sich die Bundesrepublik dem Antisemitismus entschieden entgegenstellen. Das Existenzrecht Israels sei nicht verhandelbar.
Partei beschließt Quotenregelung für Parteiposten
Keine Mehrheit fand hingegen ein Antrag auf Volksabstimmungen. Habeck befürchtete, diese würden mehr polarisieren als einen Diskurs zu befördern. Einige Menschen hätten die Einstellung: „Die da oben sind sowieso alle Verräter, das Volk weiß es besser.“
Desweiteren beschlossen sie ein „Statut der Vielfalt“. Mithilfe einer Quotenregelung sollen mehr Parteiposten an Mitglieder mit Migrationshintergrund vergeben werden. Der Anteil soll sich dabei an jenem in der Gesamtbevölkerung orientieren.
Grüne wollen 100 Prozent erneuerbare Energien
Die Journalistin Ferda Ataman, die selbst Grünen-Mitglied ist und die Partei in der Vergangenheit als viel zu weiß bezeichnet hatte, lobte die Entscheidung auf dem digitalen Parteitag. Jedoch seien Kinder von Einwanderern keine Minderheit mehr in Deutschland, merkte Ataman an. Die „Ökos von Morgen“ seien „Müslis of Colour“.
Auch ihren Punkten zum Umwelt- und Klimaschutz verliehen die Grünen in ihrem neuen Grundsatzprogramm Nachdruck. Beispielsweise bekräftigten sie ihr Ziel, aus fossilen Ressourcen den Rücken zu kehren und auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzusteigen. Zudem bekannten sie sich zur 1,5-Grad-Grenze beim Anstieg der Erderwärmung. (zit)