BERLIN. Der Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der Unionsfraktion im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), hat Forderungen nach einem dauerhaften Muezzinruf eine Absage erteilt. „Der Muezzinruf ist eine verbale, exklusive Gottesverkündung“ und sei damit Bestandteil des Gebetes und eine „kultische Handlung“, mahnte Gröhe am Dienstag in der Tagespost. „Das ist etwas anderes als das abstrakte Glockengeläut, das zum Gebet ruft. Ich halte die Gleichsetzung daher für falsch“, sagte der ehemalige Bundesminister.
Hintergrund ist eine Debatte um Muezzinrufe während des Ramadan. Die Krefelder FDP forderte, den „Adhan-Gebetsruf“ nicht nur mit dem Glockengeläut gleichzusetzen, sondern ihn zu verstetigen. Es sei „sowohl aus immissionsrechtlicher wie aus Sicht der Religionsfreiheit keine andere Beurteilung vorzunehmen wie bei der Einordnung christlichen Glockengeläutes. Deshalb hinterfragen wir die Befristung der Genehmigung für Gebetsrufe“, begründete der Kreisvorsitzende Joachim Heitmann den Vorstoß. Der Ausländerbeirat stellte sich ebenfalls hinter die Moslems.
„Das Glockengeläut in Deutschland ist jahrhundertealte Kultur“
Das nordrhein-westfälische Katholische Büro äußerte Zweifel an einer solchen Gleichsetzung. Zwar dürften „in einer religionsoffenen Gesellschaft, die unser Grundgesetz auch zu unserem Vorteil ermöglicht und schützt“ auch nichtchristliche religiöse Traditionen und Übungen in der Öffentlichkeit praktiziert werden, soweit keine entgegenstehenden Rechte und Gesetze verletzt würden, sagte dessen für theologische Fragen zuständige Mitarbeiter Antonius Hamers.
Allerdings sei „das Glockengeläut in Deutschland nicht nur ein religiöser Ausdruck, sondern auch eine jahrhundertealte Kultur, der eine platte Gleichsetzung mit einem Ruf über Lautsprecher nicht gerecht wird“, erklärte Hamers gegenüber dem Blatt. Auch innerhalb der moslemischen Gemeinden gab es Kritik. Seyran Ates von der liberalen Ibn Rushd-Goethe Moschee in Berlin wertete den Muezzinruf im Cicero als „Sieg über die Ungläubigen“ und als „Vorboten eines Kulturkampfes“. (ls)