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Ex-Verfassungsschutzchef im JF-Interview: Maaßen: „Herrschaft der Moral“ untergräbt Rechtsstaat

Ex-Verfassungsschutzchef im JF-Interview: Maaßen: „Herrschaft der Moral“ untergräbt Rechtsstaat

Ex-Verfassungsschutzchef im JF-Interview: Maaßen: „Herrschaft der Moral“ untergräbt Rechtsstaat

Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen
Hans-Georg Maaßen: „Das Merkmal demokratischer Debatten ist die grundsätzliche Gleichwertigkeit aller Meinungen“ Foto: picture alliance/Michael Reichel/dpa
Ex-Verfassungsschutzchef im JF-Interview
 

Maaßen: „Herrschaft der Moral“ untergräbt Rechtsstaat

Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat vor einer Aufweichung des Rechtsstaats zu Gunsten eines moralischen Verbotssystems gewarnt. „Ich sehe mit großer Sorge, daß der Rechtsstaat – also die Herrschaft des Rechts – durch eine Herrschaft der Moral mehr und mehr untergraben wird“, sagte Maaßen in einem Interview mit der JUNGEN FREIHEIT.
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BERLIN. Der ehemalige Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hat vor einer Aufweichung des Rechtsstaats zu Gunsten eines moralischen Verbotssystems gewarnt. „Ich sehe mit großer Sorge, daß der Rechtsstaat – also die Herrschaft des Rechts – durch eine Herrschaft der Moral mehr und mehr untergraben wird“, sagte Maaßen in einem Interview mit der JUNGEN FREIHEIT.

Zwar stelle das Recht lediglich ein moralisches Minimum dar. „Andererseits aber ist eben das die Vorbedingung der Freiheit“, ergänzte der Jurist. „Denn Recht regelt zum einen, wo die Grenze dessen verläuft, auf das sich alle als Mindestmaßstab einigen. Und es garantiert so zum anderen, daß man jenseits dessen tun kann, was man will, ohne Strafe fürchten zu müssen.“

Auf diese Weise würde „ein moralisches Verbotssystem das rechtliche“ überlagern und die „eigentlich verbürgte Freiheit immer weiter“ eingeengt. Außerdem würde die Grenze verwischt zwischen dem, was noch erlaubt und dem, was schon verboten ist. Als Beispiel nannte er den Fall einer Gastwirtin aus Nordrhein-Westfalen, die eine AfD-Gruppe bewirtet, anschließend aber ein Selbstbezichtigungsvideo veröffentlicht habe, in dem sie erklärte, zuvor nicht gewußt zu haben, daß es sich um AfD-Anhänger gehandelt habe. „Das hat schon etwas Totalitäres“, mahnte Maaßen.

Öffentlicher Pranger sei „weit schlimmer als Bußgeld oder Strafbefehl“

Gerade der öffentliche Pranger sei manchmal „weit schlimmer für einen Menschen als etwa ein Bußgeld oder Strafbefehl“. Der Mensch sei ein soziales Wesen, „wodurch Ausgrenzung eine äußerst empfindliche Strafe ist, die sogar zermürbender sein kann als eine rechtliche“. Soziale Isolation sei ein typisches Merkmal totalitärer Systeme.

Sorgen bereitet dem Sicherheitsexperten die Ausgrenzung nichtlinker Standpunkte in Debatten. Dies sei „unstreitig“ und werde „sogar ganz offen gefordert“, verdeutlichte Maaßen, der CDU-Mitglied ist und sich für die Werteunion engagiert. „Ich denke da zum Beispiel daran, daß mir ein Fernsehjournalist vorhielt, ich würde mich ‘rechtspopulistisch’ äußern, als ich sagte, Asylrecht genießt nicht, wer aus einem sicheren Drittstaat kommt. Das ist die Formulierung aus Artikel 16a des Grundgesetzes – schon bestimmte Zitate aus dem Grundgesetz werden also bereits als ‘rechtspopulistisch’ stigmatisiert.“

Ausgrenzung von rechtskonformen Meinungen mit Demokratie unvereinbar

Das Ausgrenzen rechtskonformer Meinungen sei mit einer demokratischen Debatte unvereinbar. „Denn das Merkmal demokratischer Debatten ist gerade die grundsätzliche Gleichwertigkeit aller Meinungen – mit Ausnahme der extremistischen. Wobei man sich auch diese anhören muß.“

Dennoch, betonte Maaßen, sei Deutschland nicht totalitär. „Denn ich spreche von der Debatte – nicht aber von unserer Demokratie an sich. Zwar ist die Debatte ein wichtiges Element der Demokratie, aber sie ist nicht mit ihr identisch.“ Auch wenn die Debattenkultur solche Züge annehme, bedeute das nicht, daß die Demokratie abgeschafft sei. (ls)

>Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT.

Hans-Georg Maaßen: „Das Merkmal demokratischer Debatten ist die grundsätzliche Gleichwertigkeit aller Meinungen“ Foto: picture alliance/Michael Reichel/dpa
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