GÖRLITZ. Schauspieler, Regisseure und Autoren haben in einem offenen Brief die Einwohner von Görlitz vor der Bürgermeisterwahl aufgerufen, sich nicht „Haß und Feindseligkeit, Zwietracht und Ausgrenzung“ hinzugeben. Zu den Erstunterzeichnern des Schreibens zählen unter anderem die Schauspieler Daniel Brühl („Goodbye Lenin“), Volker Bruch („Babylon Berlin“), Jana Pallaske („Inglourious Basterds“) und der Autor Bernhard Schlink („Der Vorleser“), berichtet die Leipziger Volkszeitung.
Anlaß des Briefes ist die Oberbürgermeisterwahl in der sächsischen Filmstadt. Der AfD-Kandidat Sebastian Wippel war dort am 26. Mai mit 36,4 Prozent der Stimmen Sieger des ersten Wahlgangs geworden und tritt am 16. Juni in einer Stichwahl gegen den CDU-Kandidaten Octavian Ursu (CDU) an. Die Spitzenkandidatinnen von Grünen und Linken zogen nach dem ersten Wahlgang ihre Kandidatur zugunsten von Ursu zurück.
In dem Schreiben appellieren die Prominenten an die Görlitzer, „weise“ zu wählen. „Verratet nicht eure Überzeugungen, sobald jemand behauptet, er könne die Probleme für euch lösen!“ Für die Filmschaffenden sei die Stadt ein Symbol des Friedens. Der Stoff, aus dem Frieden gemacht sei, heiße Toleranz.
Brief soll keine Wahlempfehlung sein
Offiziell soll das Schreiben der Prominenten am Pfingstmontag vom Netzwerk „Zukunft Sachsen“ veröffentlicht werden. Dessen Vertreter Sascha Kodytek betonte: „Es ist keine vordergründige Wahlempfehlung, auch wenn die Ablehnung der AfD natürlich klar ist.“ Es gehe vielmehr um die Botschaft, über gemeinsame Werte nachzudenken. „Überlegt, was gut für euch alle ist.“
Der Filmproduzent Michael Simon de Normier, der auch zu den Erstunterzeichnern gehört, warnte indirekt vor der Wahl des AfD-Kandidaten. „Wenn der Eindruck entsteht, daß eine Mehrheit in der Stadt fremdenfeindlich ist, wird das weltweit wahrgenommen und wir wohl auch Konsequenzen haben.“
Wippel reagierte gelassen auf den Brief. „Aufrufe wie dieser gehören zu einer lebendigen Demokratie dazu“, sagte er. Görlitz bliebe auch unter einem AfD-Bürgermeister eine „Europa-Stadt“, stellte er klar. Wenn jemand die Stadt in Verruf bringe, dann „diejenigen, die Hollywood dazu ermutigt haben, sich despektierlich zu Wort zu melden“. In Görlitz wurden in der Vergangenheit viele internationale Filme mit Hollywood-Stars wie George Clooney, Kate Winslet und Emma Thompson gedreht. (ag)