Bildungspolitik: NRW-Schulministerium verbietet „Schreiben nach Gehör“

Klassenzimmer einer deutschen Schule (Symbolbild) Foto: picture alliance / dpa

Bildungspolitik

NRW-Schulministerium verbietet „Schreiben nach Gehör“

Das Bildungsministerium von Nordrhein-Westfalen will die Lernmethode „Schreiben nach Gehör“ abschaffen. Zu dem Zweck sollen ab dem Schuljahr 2019/20 Grundschüler in dem Bundesland einen Pflichtwortschatz von 533 Wörtern lernen. Bislang dürften Schüler in den ersten beiden Klassen nach Gehör schreiben.

DÜSSELDORF. Das Bildungsministerium von Nordrhein-Westfalen (NRW) will die Lernmethode „Schreiben nach Gehör“ abschaffen. „Die Regeln der deutschen Rechtschreibung können und müssen von der ersten Klasse an gelernt werden“, sagte Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) der Nachrichtenagentur dpa.

Zu dem Zweck sollen ab dem Schuljahr 2019/20 Grundschüler in dem Bundesland einen Pflichtwortschatz von 533 Wörtern lernen. So werde erstmals in NRW ein verbindlicher Grundwortschatz an Grundschulen eingeführt, betonte Gebauer. Studien hätten gezeigt, „daß zu viele Schülerinnen und Schüler die Rechtschreibung nicht gut genug beherrschen“.

Lehrer sollen verstärkt Rechtschreibung kontrollieren

Daher sollen Lehrer in Zukunft wieder verstärkt auf die korrekte Schreibweise achten. Das sieht die Handreichung des Ministeriums für die Pädagogen vor. Laut der Broschüre sei das Erlernen des Schreibens „kein naturwüchsiger Prozeß, der quasi von alleine geschieht“. Kinder müßten systematisch lernen.

Bislang dürften Schüler in den ersten beiden Klassen nach Gehör schreiben. Erst ab der dritten Klasse wird auf die korrekte Rechtschreibung geachtet.

Brandenburg hatte bereits im vergangenen September das „Schreiben nach Gehör“ abgeschafft. Der Deutsche Lehrerverband fordert ein bundesweites Verbot dieser Lernmethode. (ag)

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Kommentare

OldEagle sagt:

28. März 2019 um 11:25 Uhr

Wann wird das Kopfrechnen wieder eingeführt?
Viele Schulabgänger beherrschen nicht einmal das kleine Einmaleins und können einfachste Grundrechnungen ohne Taschenrechner nicht ausführen – von dem Dreisatz und der Prozentrechnung ganz zu schweigen!
Ex oriente lux sagt:

28. März 2019 um 9:51 Uhr

brd samt Grundgesetz 1949 gergründet, nach über 70 Jahren soll nun die Schreibschrift nach deutscher Schrift in einem Teil der brd bei Grundschülern eingeführt werden.

Enorme Leistung des Parteienkartells – merkt jemand was, irgendwas ?
Angela_Bösener sagt:

27. März 2019 um 20:27 Uhr

„Die Regeln der deutschen Rechtschreibung können und müssen von der ersten Klasse an gelernt werden. ..das Erlernen des Schreibens kein naturwüchsiger Prozeß, der quasi von alleine geschieht“.

Die Erkenntnis, dass richtiges Schreiben, nämlich das Schreiben in Beachtung der Regeln der deutschen Rechtschreibung und Grammatik, kein naturwüchsiger Prozess ist und einer ständigen Übung bedarf, ist eigentlich nicht neu. Das vom Reformpädagogen Jürgen Reich entwickelte Konzept "Schreiben nach Gehör" mag unter experimentellen Bedingungen in speziell zusammengesetzten Schülergruppen möglicherweise gelingen, für den normalen Schulalltag ist es nach meinen Erfahrungen jedoch nicht tauglich. Denn bei der Anwendung dieser Methode werden von vornherein die unterschiedlichen Voraussetzungen der Schüler außer Acht gelassen. Das wiederum führt zu einer erkennbaren Benachteiligung von Kindern aus bildungsfernen Elternhäusern oder mit fremdsprachlichem Migrationshintergrund, aber auch von Legastheniker.
Schade eigentlich, dass trotz der offensichtlich gewordenen Misserfolge die Methode „Schreiben nach Gehör“ über viele Jahre hinweg an öffentlichen Schulen beibehalten wurde.
1. gebirgler sagt:
  
  28. März 2019 um 11:21 Uhr
  
  Dazu kann ich nur sagen, das unsere Tochter Lehrerin ist und gut nach dieser Methode gearbeitet hat. Und es hat funktioniert. Sie würde deren Abschaffung bedauern. Bei einem Anteil Kindern, die deutsch nicht als Muttersprache haben, kann es jedoch Probleme geben. Vielleicht liegt es aber auch an den Lehrern und wie die grundsätzlich diese Methode akzeptieren und sie umsetzen.
  1. Kersti Wolnow sagt:
    
    28. März 2019 um 12:38 Uhr
    
    Bei meiner deutschstämmigen Enkelin war das ein Desaster, vor allem, weil deren Mutter bis heute meint, die Schule würde für die Bildung ihrer Tochter alleine sorgen. Ich fahre seit einem Jahr 1x die Woche zum Üben hin, weil das Kind in den ersten 4 Jahren nichts automatisiert schreiben lernte.
    Meine andere Enkelin wird von meiner Tochter von der 1. Klasse an betreut und muß zu Hause üben, mit Erfolg. Sie wohnen in NRW und fühlen sich in ihrer Handlung bestätigt. Man braucht keine "Experten", um vorauszusehen, daß der Quatsch nicht funktionieren kann. Geburtshelfer solcher Aborte nenne ich einfach mal "die neuen Jacobiner". Die hatten selbst eine neue Zeitrechnung eingeführt. Zeit? Ach ja, die Uhrenumstellungen folgten hier ja auch… Da brauchen wir nur noch neue Wochen- und Monatsnamen erfinden. Oder die zahlreichen Hackebeilchen als ständige Drohung bei Widerworten.
Peter Ehrlich sagt:

27. März 2019 um 18:32 Uhr

Schreiben nach Gehör wird vor allem bei Schülern, die noch nicht so lange hier sind, bizarre Blüten treiben.
Kersti Wolnow sagt:

27. März 2019 um 18:10 Uhr

„Die Regeln der deutschen Rechtschreibung können und müssen von der ersten Klasse an gelernt werden“, sagte Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) der Nachrichtenagentur dpa.

Wer hätte das gedacht. (Ironie aus)
Christian Bergisch sagt:

27. März 2019 um 17:34 Uhr

Rin in die Kartoffeln, raus aus die Kartoffeln.
Wir hatten als Grundschüler eine ziemlich dicke Fibel, die hieß "Unser Wortschatz " (die Älteren werden sich erinnern:-)). Ich mag mich im nostalgischen Rückblick irren, aber da standen gefühlt mehr als 533 Wörter drin.
Es fehlt auch an der Einsicht, daß Sprache als Teil des kulturellen Erbes tatsächlich ein Schatz ist, den es zu pflegen und bewahren gilt.
Sonst endet das voll krass, Alder*in 😀
Yahel sagt:

27. März 2019 um 17:20 Uhr

Mein Kollege fragte mich vor gut 20 Jahren, ob meine Frau seinem Sohn Nachhilfe in Deutsch erteilen könnte, denn er habe nach dem Wechsel in die Realschule, massive Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung, weil er in der Grundschule schreiben nach Gehör gelernt hatte. Vier Jahre nach Gehör und nie berichtigt, hinterlassen irreversible Schäden, die selbst der Nachhilfeunterricht nicht ausgleichen konnte. Die Krücke, damit diese Schwäche nicht mehr in seine Noten einfloß, war, man machte ihn zu einem Legasteniker. Schreiben nach Gehör ist genauso blödsinnig, wie die Kleinschreibung, für die in den 1970er Jahren Politiker warben. Ich wurde auf der Straße dazu von Schülern befragt und fragte sie, welchen Sinn dann dieser Satz ergäbe: Wenn hinter fliegen fliegen fliegen, fliegen fliegen fliegen nach.
1. Emil D. sagt:
  
  28. März 2019 um 9:45 Uhr
  
  Kleine Hilfestellung für Betroffene:
  Wenn hinter fliegenden Fliegen fliegende Fliegen fliegen, fliegen fliegende Fliegen fliegenden Fliegen nach.
  
  Bin alt genug, mußte (durfte) noch richtig lernen – mit echten Zensuren, viel Gewicht auf Kopfrechnen, Naturwissenschaften, Sport (mit Wettkampf und Schwitzen), mit Wandertagen (auch bei „schlechtem“ Wetter) in die freie, noch nicht von Grünem Wahn (zer)administrierte Natur und Einsen ausschließlich für überragende Leistungen.
  1. Yahel sagt:
    
    28. März 2019 um 14:47 Uhr
    
    Das kommt mir alles sehr bekannt vor.
Heinrich Seidelbast sagt:

27. März 2019 um 17:09 Uhr

Diese Entscheidung ist wohl nur der Tatsache geschuldet, dass die Minderheit der Gehörlosen, in diesem Zusammenhang, nicht diskriminiert werden soll oder auch darf.