BERLIN. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) hat einen „allgegenwärtigen“ Rassismus in Deutschland beklagt. „In Form eines mal lauten, mal leisen Grundrauschens war und ist kultureller, ethnischer, auch antimuslimischer Rassismus für viele Menschen in Deutschland schmerzhafte alltägliche Erfahrung. An den Universitäten, in den Personalabteilungen, auf dem Wohnungsmarkt: Rassistisch bedingte Machtstrukturen haben System“, kritisierte Roth in einem Gastbeitrag für heute.de.
Schüler mit nicht-deutschen Namen würden bei identischer Leistung nachweislich schlechter benotet als solche, die Max und Lisa hießen. Eine gleichlautende Bewerbung habe weniger Chancen auf Erfolg, wenn die Person auf dem Foto ein Kopftuch trage. Wenn ein Angehöriger einer Minderheit eine Straftat begehe, würde häufig auf die gesamte Gruppe geschlossen, auch wenn die Zahlen einen solchen Schluß nicht begründen.
„Struktureller Rassismus ist Teil der Norm“
„Vielleicht würde ja sogar der ein oder andere Regierungschef seine Abschottungspolitik und die bewußt unterlassene Hilfeleistung, die das Tausendfache Sterben im Mittelmeer bedeutet, weniger vehement verteidigen, wenn es mehrheitlich weiße Menschen wären, die da ertrinken“, schrieb Roth.
Die hierarchische Unterscheidung von Menschen auf Grundlage ethnischer, kultureller oder religiöser Zuschreibungen sei nicht nur dem Extremismus vorbehalten, warnte die Grünen-Politikerin. „Sie findet, oft unterbewußt und niedrigschwellig, in allen Teilen der Gesellschaft statt. Struktureller Rassismus ist Teil der Norm.“
Und genau das müsse bekämpft werden – mit antirassistische Aufklärungs- und Präventionsarbeit. „Es braucht dringend mehr Einsatz gegen Haßrede, online wie offline.“ Struktureller Rassismus dürfe nicht kleingeredet werden, sondern die Gesellschaft müsse sich ihm entgegenstellen – „mit selbstkritischem Blick auf unser Verhalten, auf unsere Privilegien“, mahne Roth. (krk)