BERLIN. Der Deutsche Richterbund (DRB) hat Schwarzfahren als Straftatbestand in Frage gestellt. Die Gerichte könnten dadurch deutlich entlastet werden, sagte der DRB-Vorsitzende Jens Gnisa dem rbb. Die Berliner Justiz befasse sich in jedem Jahr mit rund 40.000 Schwarzfahrten, zugleich gebe es eine erhebliche Personalknappheit – das passe einfach nicht zusammen, betonte Gnisa.
Deshalb sei zu überlegen, ob die Regelung noch „Sache des Staates“ sei. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) seien selbst in der Lage, sich besser gegen Schwarzfahrer zu schützen. Sie verzichteten aber darauf, um Geld zu sparen. Stattdessen setzten sie darauf, daß der Staat mit seiner Strafjustiz dies für sie übernehme.
In Berliner Justizvollzugsanstalt sitzen dutzende Schwarzfahrer ein
Anlaß der Debatte um das Thema Schwarzfahren war die Flucht von neun Gefangenen aus der Berliner Justizvollzugsanstalt Plötzensee. Im Gefängnis verbüßen laut Justizverwaltung 102 Männer eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe, davon 69 wegen Erschleichens von Leistungen, also wiederholten Fahrens mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne Ticket. Sie wurden von Gerichten zu einer Geldstrafe verurteilt, können oder wollen diese aber nicht zahlen. Daher mußten sie nach Paragraph 265a des Strafgesetzbuches die Ersatzfreiheitsstrafe antreten.
Die Forderung nach einer Streichung des Straftatbestands des Schwarzfahrens gibt es schon länger. Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hatte kurz vor Beginn seiner Amtszeit Anfang Dezember 2016 vorgeschlagen, wiederholtes Schwarzfahren nicht mehr als Straftat zu verfolgen. Auch der nordrhein-westfälische Justizminister Peter Biesenbach (CDU) kritisierte die rechtliche Lage. Daß jemandem, der einmal keine Kurzstreckenkarte für 1,50 Euro gekauft habe, eine Gefängnisstrafe drohen könne, sei eine „Fehlentwicklung“. (ha)