BERLIN. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat angekündigt, die neue Bundesregierung werde sich für die Belange der deutschen Vertriebenen einsetzen. „Sie verdienen unser aller Wertschätzung, und die Erinnerung an ihr Schicksal muß weiter gefördert werden“, betonte die CDU-Vorsitzende am Dienstag in Berlin. Merkel nahm wie in den Vorjahren am Jahresempfang des Bundes der Vertriebenen (BdV) teil.
Daß die Teilnahme der Kanzlerin schon eine lange Tradition ist, wertete BdV-Präsident Bernd Fabritius in seiner Begrüßungsansprache als ein „Zeichen beständiger Verbundenheit mit den Vertriebenen“. Für deren Belange habe die Bundesregierung stets ein offenes Ohr, bekräftigte Merkel. „Das haben wir daher auch im Koalitionsvertrag festgelegt.“ Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die jährliche Förderung des Dokumentationszentrums der Bundesstiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“.
Die Bundeskanzlerin nannte es zudem ein positives Zeichen, daß bis zum Ende der Frist im vergangenen Jahr rund 46.000 Anträge auf eine Anerkennungsleistung zugunsten ehemaliger deutscher ziviler Zwangsarbeiter gestellt worden sind. Diese Anerkennung erfolge zwar spät, sei aber ein wichtiges Symbol. Sie sicherte zu, man werde auch aufgrund des hohen Lebensalters der Betroffenen die Anträge „so rasch wie möglich“ prüfen.
Debatte über eine „Änderung der Strukturen sowie der Benennung“
BdV-Präsident Fabritius nannte seinen Verband eine moderne Interessenvertretung „in der Mitte der Gesellschaft“. Der Erhalt der Kultur der deutschen Heimatvertriebenen sei auch relevant für die Nicht-Vertriebenen, denn sie sei ein gesamtdeutsches Erbe. Entsprechende Vereinbarungen im Koalitionsvertrag lobte der ehemalige CSU-Bundestagsabgeordnete. Verbesserungen erwarte es jedoch bei der Rentenanpassung für Spätaussiedler. Fabritius plädierte außerdem für eine „erinnerungspolitische Wahrhaftigkeit“. Intern sei im BdV zudem eine Debatte über eine „Änderung der Strukturen sowie der Benennung“ des Verbands angestoßen worden.
Fabritius betonte, der BdV sei ein überparteilicher Verband. Er freue sich, daß neben Merkel und weiteren Mitgliedern der Bundesregierung, Vertretern des diplomatischen Korps, der Kirchen und Repräsentanten von Landsmannschaften sowie der deutschen Minderheiten auch zahlreiche Parlamentarier anwesend waren. Allein die AfD-Fraktion war mit über 40 Abgeordneten vertreten.
Weidel verläßt vorzeitig Saal
Für Irritationen am Rande der Veranstaltung sorgte, daß AfD-Fraktionschefin Alice Weidel den Empfang noch vor der Rede Merkels wieder verlassen hatte. Hintergrund war die fehlende Begrüßung durch BdV-Präsident Fabritius. „Die Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion einzuladen, sie dann aber in der offiziellen Begrüßung nicht zu erwähnen, ist ein Affront, das macht man nicht“, beschwerte sich der Bundestagsabgeordnete Uwe Witt (AfD) gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Im Nachgang hatte der Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk die Wogen glätten können. „Herr Fabritius hat sein Vorgehen uns gegenüber erläutert. Beide Seiten sind an einem guten und einvernehmlichen Miteinander interessiert“, sagte der stellvertretende AfD-Bundesvorsitzende der JF.
BdV-Chef Fabritius betonte, er habe sich sehr über die Anwesenheit von Alice Weidel und ihren Fraktionskollegen gefreut. „Ich habe Frau Weidel auch bei ihrem Eintreffen persönlich sehr herzlich begrüßt und sie zu einem gemeinsamen Foto gebeten“, betonte er gegenüber der JF. Es gebe von seiner Seite keinerlei Vorbehalte. „Ich habe in meiner Ansprache auch alle anwesenden Mitglieder des Bundestages begrüßt.“ Namentlich erwähnt habe er jedoch nur diejenigen, die sich in der Vergangenheit schon für die Belange der Vertriebenen besonders eingesetzt hätten. „Vorschußlorbeeren verteile ich nicht“, er freue sich jedoch, wenn sich die AfD-Fraktion künftig im Bundestag für die Interessen von Heimatvertriebenen und Aussiedlern engagieren werde. (vo)