BERLIN. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, hat die neue, verschärfte Richtlinie für das Kirchenasyl kritisiert. Viele engagierte und an Kirchenasylen beteiligte Christen empfänden, „daß ihr Hilfehandeln immer stärker auf einen Verwaltungsakt reduziert wird“, zitiert der Westen aus einem Brief Bedford-Strohms an die Dekane der bayerischen Landeskirche.
Durch die neue Regelung würden den betroffenen Gemeinden Aufgaben vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aufgebürdet, „die in manchen konkreten Fällen schwer umzusetzen sind“, beklagte der bayerische Landesbischof. So lange Menschen in Not und Bedrängnis seien, werde es das Kirchenasyl aber „als ultima ratio geben müssen“.
EU-Staaten müssen Asylsuchende innerhalb sechs Monaten zurückschicken
Der seit 1. August gültige Erlaß sieht eine von sechs auf 18 Monaten verlängerte Rückführungsfrist für sogenannte Dublin-Fälle vor, wenn Kirchengemeinden Verfahrensabsprachen nicht einhalten. Laut der Dublin-Regelung müssen EU-Staaten Asylbewerber in das für sie zuständige Land innerhalb von sechs Monaten zurückschicken. Bislang gewährten viele Kirchen Asylsuchenden sechs Monate Unterschlupf.
Zuvor war bekannt geworden, daß Kirchengemeinden in rund der Hälfte aller Kirchenasyle die mit dem Flüchtlingsamt vereinbarten Dossiers nicht eingereicht hatten. Anhand der Dokumente soll die Behörde sogenannte Härtefälle erneut prüfen. 79 Prozent der Dossiers wurden abgelehnt. Bedford-Strohm begründete diese Quote mit Problemen auf staatlicher Seite.
Gröhe lobt Diskussion über Kirchenasyl
„Oft kamen bei Ablehnungen formale Gründe zum Tragen. Eine Prüfung der humanitären Notlage wurde oft nur bedingt vorgenommen“, kritisierte der Ratsvorsitzende. „Selbst wenn alle formalen Vorgaben eingehalten werden, ist die Wahrscheinlichkeit, daß das Bamf das Dossier ablehnt, nach bisheriger Praxis leider sehr groß.“
Der Beauftragte der Unions-Bundestagsfraktion für Kirchen und Religionsgemeinschaften, Hermann Gröhe (CDU), sagte der Zeitung: „Es ist gut, daß auch in den Kirchen Versäumnisse beim sogenannten Kirchenasyl nun offen diskutiert werden. Das sogenannte Kirchenasyl kann nur dann einen Beitrag zur Vermeidung von Härtefällen leisten, wenn die Verabredungen mit staatlichen Stellen immer beachtet werden.“ (ls)