BERLIN. Die Polizei hat konkrete Warnungen vor dem Berlin-Attentäter Anis Amri ignoriert. Das geht aus internen Polizeidokumenten hervor, die dem ZDF-Magazin „Frontal 21“ vorliegen.
Demnach wurden die Behörden zwei Mal durch einen Asylbewerber vor Anis Amri als gefährlichem Islamisten gewarnt. Bereits im Herbst 2015 soll sich der Syrer Mohamed J. an einen Mitarbeiter seiner Flüchtlingsunterkunft gewandt haben, nachdem Amri ihm zuvor ganz unverhohlen seine islamistischen Überzeugungen geschildert hatte.
„Anis hat sich nicht verstellt“, berichtet Mohamed J. gegenüber „Frontal 21“. So habe er unter anderem seine Absichten offenbart, sich dem sogenannten Islamischen Staat (IS) anzuschließen: „Ich will nach Syrien gehen und im Dschihad kämpfen.“
Zeugenanhörung erst nach dem Attentat
Die Ausländerbehörde habe die Warnungen des Asylbewerbers an die Polizei weitergeleitet, die daraufhin am 28.10.2015 einen „Prüffall Islamismus“ angelegt habe. Zu einer Befragung von Mohamed J. als Zeuge sei es jedoch nicht gekommen.
Im Juli 2016 schilderte dieser seine Erkenntnisse daher im Rahmen seines Asylverfahrens erneut einer staatlichen Behörde – dieses Mal dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Im Protokoll einer Anhörung vom 27. Juli 2016 wird Mohamed J. zitiert: „Der Tunesier (Amri, Anm. d Red.) ist sehr islamistisch radikal. (…) Er ist dann nach Berlin gezogen und hat dort einen neuen Asylantrag gestellt mit einer neuen Identität.“
Auch infolge dessen wurde Mohamed J. jedoch offenbar nicht von polizeilicher Stelle vernommen. Erst am 30. Januar 2017 – und damit nach Amris Attentat auf dem Berliner Breitscheidplatz – soll es zu einer polizeilichen Vorladung und Zeugenvernehmung gekommen sein.
Bereits vorige Woche hatte ein Sonderermittler den Behörden in einem Gutachten zahlreiche „grobe Fehler“ nachgewiesen und festgehalten, daß an einigen Stellen alles falsch gelaufen sei, was falsch laufen konnte. (ser)