BERLIN. Mehrere als „Gefährder“ eingestufte Islamisten können nicht abgeschoben werden. Grund dafür seien fehlende Ausweispapiere, teilte das Innenministerium auf Nachfrage der Welt am Sonntag mit. Betroffen davon sind 62 von insgesamt 224 „Gefährdern“ mit ausländischem Paß. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes befinden sich mehr als 80 dieser Personen derzeit in Haft.
Polizei und Verfassungsschutz trauen ihnen zu, „politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung“ zu begehen. Auch Anis Amri, der Attentäter des Terroranschlags von Berlin, war als gefährliche Person eingestuft worden. Seine Abschiebung scheiterte an fehlenden Ausweisen.
Fußfesseldebatte
Bereits vor einigen Wochen war auch auf politischer Ebene eine Debatte um die Abschiebepraxis entbrannt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte eine längere Abschiebehaft bei fehlenden Personaldokumenten: „Bei ihnen darf eine Abschiebehaft nicht daran scheitern, daß Ausweise nicht vorliegen“, sagte er dem Blatt.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte zuvor eine rasche Einigung über schärfere Regelungen zur Abschiebehaft versprochen. Außerdem forderte er, die Zuständigkeit für die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber auszuweiten. „Ich schlage vor, daß der Bund eine ergänzende Vollzugszuständigkeit bei der Aufenthaltsbeendigung erhält.“ Auch Abkommen mit den Herkunftsländern zur Rücknahme von potentiellen Terroristen sollten verbessert werden.
Grüne dagegen
Justizminister Heiko Maas (SPD) sprach sich für eine längere Haftzeit bis zur Abschiebung aus, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Elektronische Fußfesseln sollten nicht nur für verurteilte Straftäter in Frage kommen, „sondern auch bereits generell für Gefährder davor“.
Grünen-Chefin Simone Peter sieht den Einsatz von Fußfessel bei „Gefährdern“ hingegen als „problematisch“ an. Die Voraussetzungen für Abschiebehaft möchte sie nicht verschärfen, bereits bestehende Gesetze sollten jedoch konsequenter angewandt werden, sagte sie dem ARD-„Morgenmagazin“. (vi)