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Meinung: Im Würgegriff der politischen Korrektheit

Meinung: Im Würgegriff der politischen Korrektheit

Meinung: Im Würgegriff der politischen Korrektheit

Frau mit verbundenem Mund (Symbolbild) Foto: picture alliance/ Bildagentur-online/Jorgensen
Meinung
 

Im Würgegriff der politischen Korrektheit

In Frankreich wird ein Manager entlassen, weil er sagt, daß Frauen lieber glücklich sind, statt Karriere zu machen. Eine kleine, elitäre Kaste hat sich des Begriffs „Fortschritt“ bemächtigt und beutet ihn aus. Ein Kommentar von Thomas Fasbender.
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Kevin Roberts (66), seit 1997 Chef der Werbeagentur Saatchi & Saatchi, seit 2015 ihr Aufsichtsratsvorsitzender, wurde am Mittwoch von der französischen Muttergesellschaft Publicis entlassen. Schon zu Wochenbeginn, unmittelbar nach einem Gespräch mit dem Internet-Portal Business Insider, war er freigestellt worden. Der Grund waren angeblich „sexistische“ Aussagen. Publicis, so heißt es in einer Stellungnahme, dulde keine Repräsentanten, die nicht die „Bedeutung der Inklusion“ wertschätzten.

Womit hatte Roberts gegen die Korrektheitsregeln verstoßen? Thema des Gesprächs war die Tatsache, daß im Werbegeschäft die überwiegende Zahl der Mitarbeiter weiblich ist, die überwiegende Zahl der Führungskräfte männlich. Feministinnen und den Vorkämpfern des Gender Mainstreaming ist das seit langem ein Dorn im Auge.

Aus dem anderen Blickwinkel

Roberts hatte dem Business Insider vorgeschlagen, das Ganze unter einem anderen Blickwinkel zu betrachten: „Dieser darwinistische Drang nach Reichtum, Macht und Ruhm, für die Generation der Millenials ist das alles nicht besonders effektiv, dort stehen Bindung und Kooperation im Vordergrund. Management und Führung gelten deutlich weniger.“

Viele Frauen, so Roberts, seien heute der Ansicht: „Wir unterwerfen uns nicht mehr den Maßstäben idiotischer Dino-Männer.“ Sie träumten nicht vom größeren Büro, vom wichtigeren Titel und vom höheren Gehalt, sondern wollten vor allem glücklich sein und in Ruhe arbeiten. Versuche man, in den Frauen Ehrgeiz und Karrierelust zu wecken, käme häufig die Antwort: „Ihr seid auf dem Holzweg, ihr begreift es nicht. Ich bin viel glücklicher als ihr.“

Frauen achten auf das eigene Glück

Viele Frauen hätten keine vertikalen Ambitionen, sondern eher intrinsische, auf das eigene Glück gerichtete. Er, Roberts, sehe in dem Mangel an Frauen in Führungspositionen kein Problem. Und zwar genau deshalb, weil er wisse, daß die Frauen in seinem Unternehmen glücklich und erfolgreich seien und großartige Arbeit leisteten.

Die Behauptung, daß Frauen und Männer von körperlichen Merkmalen abgesehen Unterschiede aufwiesen, gilt in den „fortschrittlichen“ Kreisen der westlichen, urbanen Eliten als Sakrileg. Die Folgen sind unmittelbar und massiv bis hin zum Berufsverbot. Kevin Roberts hat sie am eigenen Leibe zu spüren bekommen. All seine Verdienste, die Tatsache, daß er Saatchi & Saatchi vor fast 20 Jahren aus der größten Krise gerettet hat – alles schmilzt dahin vor seinem Frevel an der politischen Korrektheit.

Gerüst der Politischen Korrektheit

Dem Leiter einer preußischen Kadettenanstalt vor 200 Jahren wäre es nicht anders gegangen, hätte er das Gottesgnadentum des Königs in Frage gestellt. Die Worte sexistisch oder rassistisch haben die gleiche Schlagetot-Wirkung wie damals Ketzer oder Antichrist.

Interessant ist, von wem diese neue Denkhaltung ausgeht. Früher gehörten die pauschalen Verdammungen zum Wortschatz der „Reaktion“. Das ganze Jahrhundert der Aufklärung war damit befaßt, die empirische Beobachtung, also die Betrachtung der Wirklichkeit, an die Stelle blinder Vorurteile treten zu lassen.

Im 21. Jahrhundert sind es jetzt die „Fortschrittlichen“, die ihre Vorurteile im Gerüst der Politischen Korrektheit kanonisieren. Mit dem Schwinden der Religion (im Westen) ersetzt sie die transzendenten Bindungen durch eine diesseitige Theologie des Individualismus, der Demokratie und der westlichen Werte.

Kleine elitäre Kaste

Ihre Hohepriester, giftige ältere Frauen und Männer der Post-Achtundsechziger-Generation, diktieren den westlichen Diskurs von Kanada bis Australien. Ein Lieblingsprojekt hierzulande: die Frauenquote in Aufsichtsräten. Warum eigentlich nicht die Frauenquote an den Supermarktkassen – höchstens 50 Prozent? Die Frage wird selten gestellt.

Vielleicht, weil die Antwort auf der Hand liegt: Die Frauen an den Supermarktkassen sind den intellektuellen und mächtigen Streiterinnen gegen Sexismus und Rassismus herzlichst wurscht. Oder gleich: Pack. Eine kleine, elitäre Kaste hat sich des Begriffs Fortschritt bemächtigt und beutet ihn aus. Die Aufklärung frißt ihre Kinder.

Frau mit verbundenem Mund (Symbolbild) Foto: picture alliance/ Bildagentur-online/Jorgensen
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