LUXEMBURG. EU-Staaten haben künftig weniger Möglichkeiten, kriminelle Ausländer aus der Staatengemeinschaft abzuschieben. Der Europäische Gerichtshof entschied in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil, daß die Abschiebung von vorbestraften alleinerziehenden Nicht-EU-Bürgern rechtswidrig ist, wenn deren Kinder die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates haben.
„Eine Ausweisungsverfügung darf nur ergehen, wenn sie verhältnismäßig ist und auf dem persönlichen Verhalten des Angehörigen eines Nicht-EU-Landes beruht, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muß, die ein Grundinteresse der Gesellschaft des Aufnahmemitgliedstaats berührt“, teilte das Gericht mit.
Ausnahmen nur bei ernsthafter Bedrohung
Hintergrund ist der Fall des in Spanien lebenden mehrfach vorbestraften Alfredo Rendón Marín. Dieser ist alleinerziehender Vater, dessen Sohn die spanische und dessen Tochter die polnische Staatsangehörigkeit besitzt. Seine Abschiebung in ein Nicht-EU-Land wurde nun untersagt. Auch eine alleinerziehende Frau in Großbritannien muß das Land nun nicht verlassen.
Die EU-Verträge stünden „nationalen Maßnahmen entgegen, die bewirken, daß den Unionsbürgern der tatsächliche Genuß der Rechte, die ihnen ihr Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt wird“, urteilte der Gerichtshof. So seien die Kinder in diesem Fall gezwungen, die Staatengemeinschaft ebenfalls zu verlassen. Ausnahmen seien nur bei „einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr für die Gesellschaft möglich“. (ho)