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„Kein Raum für Rechts“: Die linke Lust am Neonazi

„Kein Raum für Rechts“: Die linke Lust am Neonazi

„Kein Raum für Rechts“: Die linke Lust am Neonazi

KeinRaumFuerRechts
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Der „Neonazi“ in seinem Zimmer Screenshot: www.kein-raum-fuer-rechts.de
„Kein Raum für Rechts“
 

Die linke Lust am Neonazi

Ein virtuelles Aufklärungsprojekt gegen Rechts führt in „die geheime Welt der Neonazis“ ein. Der Nutzer kann zum Beispiel einen in seinem Zimmer sitzenden Nazi anklicken, der dann aufsteht und den Hitler-Gruß zeigt. „Nur wer Neonazis erkennt, kann auch etwas gegen sie tun“, lautet die Zielsetztung des staatlich geförderten Projekts.
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„Heil Hitler, mein Führer“, ruft der junge Mann im schwarzen Kapuzenpulli, springt aus seinem Ledersessel und zeigt einen zackigen Hitlergruß in Richtung der Reichskriegsflagge an der Wand gegenüber. Wer beim Lesen dieser Zeilen ebenso elektrisiert aufgesprungen ist, ob dieser Ungeheuerlichkeit, kann sich beruhigt wieder setzten. Die geschilderte Szene stammt nämlich aus einem virtuellen Aufklärungsprojekt gegen Rechts, das unter dem Link www.kein-raum-fuer-rechts.de in „die geheime Welt der Neonazis“ führt.

Die Arbeitsstelle Rechts­extremismus und Gewalt (ARUG) aus Braun­schweig und das Zentrum Demokratische Bildung (ZDB) in Wolfsburg haben sich die Mühe gemacht, das Zimmer eines ihrer Ansicht nach szenetypischen Neonazis möglichst originalgetreu ins Virtuelle zu transformieren und mit pädagogisch wertvollen Features zum Anklicken zu versehen.

Da sitzt er also, der Neonazi, inmitten seiner mit Nazi-Devotionalien vollgestopften Singlewohnung und wartet darauf, daß der politisch Interessierte mit dem Mauscursor auf Tischen und in Schränken stöbert. „Wie erkenne ich einen Neonazi?“, fragt eine Frauenstimme zu Beginn. „Finde die versteckten Klicks und schau dich selbst um“, lautet ihre Aufforderung. Sogleich meldet sie sich wieder: „Hallo, na? Fällt es dir auf? Das ist doch kein normales Zimmer, hier wohnt ein Neonazi. Zeit, sich mal genauer umzusehen. In diesem Zimmer kannst du dich über den rechten Lifestyle informieren und in die rechte Erlebniswelt eintauchen.“

Voyeuristisches Streifzüge durch das Nazi-Zimmer

Das voyeuristische Vergnügen ist pädagogisch legitimiert: „Nur wer Neonazis erkennt, ihre Strategien und Strukturen durchblickt, kann auch etwas gegen sie tun.“ Damit der noch unwissende Bürger nicht nur die ganze Zeit den Nazi anklickt, der dann seinen Hitlergruß vorführt, ist das ganze Bildungsprojekt als Spiel konzipiert. Das Ziel ist es, fünf versteckte Nazi-Souvenirs zu finden, um schließlich die verschlossene Truhe, das „Geheimversteck“ des Neonazis, öffnen zu dürfen.

Während im Hintergrund immer wieder bedrohlich ein deutscher Schäferhund bellt, klickt man sich durch das dunkle in Grau- und Brauntönen gehaltene Zimmer. Ein Laptop- und ein Fernseherbildschirm, eine mit Fotos vollgehängte Pinnwand, eine Kleiderschrank mit Nazi-Mode und viele weitere versteckte Klicks warten darauf, entdeckt zu werden. „Klick doch mal was an“, meldet sich die Frauenstimme, wenn man zu lange zögert.

Ganz aus der Luft gegriffen sind die klischeehaften Vorstellungen vom modernen Neonazi freilich nicht. Man habe sich an realen Vorbildern orientiert, was die Einrichtung des Zimmers, Rechtsrock-CDs, Fahnen oder etwa die Mode-Labels betrifft. Einiges habe man „von Aussteigern bekommen“, ist in einer Erklärung zur Seite zu lesen. Wer nach einem Blick auf die Aussteiger-Klamotten wieder das gesamte Zimmer sehen will, kann nicht einfach die Schranktür und damit den Link schließen, sondern muß auf das Feld „zurück zum Nazi“ klicken.

Dieser hält übrigens ein Tablet in der Hand, das herangezoomt wird, sobald man draufklickt:

Tablet eines Neonazis. Foto: Screenshot URL: https://www.kein-raum-fuer-rechts.de/
Tablet des „Neonazis“ Screenshot: www.kein-raum-fuer-rechts.de

Prompt meldet sich die Frauenstimme zu Wort: „Rassisten, ob Neonazis oder Rechtspopulisten organisieren sich. In Parteien, Kameradschaften oder Facebook-Gruppen. Hier kannst du dir einige ihrer Organisationen und Strukturen genauer anschauen.“ Gleich an erster Stelle der Auflistung steht die AfD, gefolgt von der „Arischen Bruderschaft“ und weiteren Kameradschaften wie den „Hammerskins“ oder der „freien Kameradschaft Wismar“ und Vereinen wie „HoGeSa“, „Pegida“ oder der „Identitären Bewegung.“

In dieser aus Sicht der Verfasser braunen Melange zeigt sich die wahre Absicht des Projekts: Es wird ein Feindbild konstruiert, das durch detailreiche Schematisierung des Nazi-Typus und die Dramatisierung konspirativer Nazi-Netzwerke auf ein großes Ganzes hindeutet – das Böse schlechthin. Dieses Böse sitzt in dunklen Zimmern, hat ein Luftgewehr über dem Bett hängen, zeigt den Hitler-Gruß und wartet nur darauf, Ausländer zu töten.

Rundumschlag mit der Nazi-Schablone

Dieses vom Bürger bitte zu verinnerlichende Schema vom Bösen kann nun von jenen, die das Feindbild multimedial perfektionieren und unters Volk bringen, über jeden Verein, jede Partei und jede Einzelperson gelegt werden. Das Stigma „Nazi“ ist deswegen so wirksam, weil mit Akribie diese schematische Vorstellung vom Bösen in die Köpfe gesetzt wird. Das wirkt besonders nachhaltig, wenn durch persiflageartige Zuspitzung für Lächerlichkeit gesorgt wird. Die linke Lust am Neonazi muß regelmäßig durch solche Nazi-Beschwörungen oder Nazi-Parodien belebt werden.

Letztlich verliert durch diese Ironisierung und Verwässerung die Nazi-Zuschreibung an Kraft und zieht nicht mehr, wenn tatsächlich jemand nationalsozialistische Ideen vertritt oder die Gräueltaten im Dritten Reich relativiert. Das Geld für die Vorführung eines Nazis in seinem Zimmer stammt vom Niedersächsischen Sozialministerium. Dieses teilte auf Anfrage der JUNGEN FREIHEIT mit, es habe das Projekt mit 45.000 Euro unterstützt.

Der „Neonazi“ in seinem Zimmer Screenshot: www.kein-raum-fuer-rechts.de
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