BERLIN. Bei der Linkspartei ist eine heftige Debatte über ein angebliches Schreiben der Bundesvorsitzenden Katja Kipping entbrannt, in der es um „personelle No-Gos“ in der Partei geht. In dem vor der vergangenen Bundestagswahl aufgesetzten Papier heißt es: „Die Fraktion darf nicht zur ‘Reste-Rampe’ der Abgewählten und Rausgeschmissenen werden.“ Brisant: Dabei tauchen offenbar auch die Namen von langjährigen Parlamentariern auf.
Die Bundestagsabgeordnete Halina Wawzyniak, deren Name auch auf der Liste aufgetaucht war, kündigte deswegen am Montag ihren Rücktritt als stellvertretende Politische Geschäftsführerin an. „Zwar hat der Wähler dafür gesorgt, daß ich nicht zu den Abgewählten und Rausgeschmissenen gehöre, aber mit einem solchen Papier im Rücken bin ich nicht bereit, die Arbeit, die vor allem mit diesem Posten verbunden ist, weiter zu machen“, schrieb Wawzyniak an den Fraktionsvorstand.
West gegen Ost, Linke gegen Realos, jeder gegen jeden
Parteichefin Kipping bestreitet die Echtheit des Schriftsatzes. Allerdings wird ihr aus Parteikreisen seit längerem ein selbstherrlicher Führungsstil vorgeworfen. Hintergrund ist vor allem ein seit Jahren schwelender Flügelstreit innerhalb der Partei zwischen den linksextremen westlichen Landesverbänden und dem „Realo-Flügel“ in den neuen Bundesländern. Während letzterer Koalitionen mit SPD und Grünen nicht ausschließen wollen, setzen die Landesverbände in den westlichen Bundesländern vor allem auf Fundamentalopposition.
Ex-Parteichef Klaus Ernst zeigte sich erschüttert über die Machtkämpfe. „Der aktuelle Fall hat Parallelen zu den innerparteilichen Kämpfen nach unserer Wahl. Im Sommer 2010 wurden aus der Partei heraus Denunziationen an die Presse gespielt, um die Führung zu schwächen“, sagte er der Zeit. „Diejenigen, die das betreiben, die riskieren wirklich den Erfolg und den Ruf der Partei.“ (ho)