KÖLN. Der Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV) Baden-Württemberg, Arnold Tölg, hat Forderungen nach einem Rückzug aus dem Stiftungsrat des Vertriebenenzentrums abgelehnt.
Der CDU-Politiker sagte am Dienstag im Deutschlandfunk: „Die Herren, die mir Vorwürfe machen, sollten erst einmal ihre eigenen Positionen überprüfen“. Er sehe keinen Anlaß, auf seinen Sitz zu verzichten. Die Vertreibung der Deutschen sei ein Verbrechen gewesen und „da kann man nichts dran deuteln“, sagte Tölg.
Tölg war zusammen mit dem Sprecher der Pommerschen Landsmannschaft, Hartmut Saenger, vom Bund der Vertriebenen in den Rat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ berufen worden. Vor allem der Mannheimer Historiker und Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin, Peter Steinbach, warf den Vertriebenenvertretern vor, sie würden Unrecht gegen Unrecht aufrechnen und Verbrechen der Nationalsozialisten relativieren.
Historiker Steinbach sieht Versöhnung gefährdet
Im Deutschlandfunk erneuerte Steinbach am Dienstag seine Kritik: Im geplanten Vertriebenenzentrum dürfe das Leid der Deutschen nicht isoliert dargestellt werden. Mit der Berufung Saengers und Tölgs gerate das Ziel der Versöhnung in Gefahr.
Unterstützung bekam er dabei von Nordrhein-Westfalens Europaministerin Angelica Schwall-Düren (SPD), die für den Bundestag im Stiftungsrat des Vertriebenenzentrums sitzt. Der Welt sagte sie, „Tölgs Äußerungen zur Relativierung der Naziverbrechen“ seien ein „Schlag ins Gesicht unserer Nachbarn, die millionenfach Opfer des NS-Terrors geworden sind.“
Ähnlich äußerte sich auch die Grünen-Chefin Claudia Roth. Mit der Wahl von Tölg und Saenger in den Stiftungsrat gehe das „nicht enden wollende Trauerspiel in eine neue Runde“, sagte sie Spiegel Online. Beide seien nicht geeignet, „den Stiftungszweck der Aussöhnung mit unseren Nachbarn voranzubringen“, kritisierte Roth.
Unionspolitiker verteidigen Tölg
Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach (CDU), verteidigte dagegen den baden-württembergischen Landesvorsitzenden des BdV: „Arnold Tög ist ein ehrenwerter, gütiger Mann, der sich große Verdienste um die Sache der Vertriebenen erworben hat. Er ist kein Revanchist.“ Der BdV habe ihn und andere benannt, weil sie sachkundig seien. „Wer etwas dagegen einzuwenden hat, kann die Stiftung ja verlassen“, sagte Steinbach.
Unterstützung erhielt Steinbach vom vertriebenenpolitischen Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Klaus Brähmig. Dieser forderte „die politische Linke in Deutschland“ auf, „endlich ihr geschichtliches Bild von den Vertriebenen und deren Organisationen“ zu überdenken.
Nach wie vor ignoriere die deutsche Linke in der Vertreibungsdebatte Tatsachen oder wissenschaftliche Erkenntnisse, die nicht in ihr überholtes Bild paßten, kritisierte der CDU-Politiker. So hätte beispielsweise die Breslauer Professorin Beata Ociepka bereits 1997 festgestellt, daß der BdV keineswegs die Avantgarde des deutschen Revisionismus sei, sagte Brähmig.
Bereits in der vergangenen Woche hatte auch der vertriebenenpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Mayer, Tölg und Saenger gegen die Vorwürfe in Schutz. Die Kritik sei „unverschämt und bodenlos“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Die ganze Angelegenheit sei eine „Kampagne der Opposition mit dem Ziel, Stimmung gegen den BdV zu machen“. (cs/krk)
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