BERLIN. Nach der Explosion eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg mit drei Toten in Göttingen wird darüber spekuliert, wie viele nichtgezündete Bomben alliierter Luftangriffe hierzulande noch unentdeckt sind. Doch Experten sind sich einig: Verläßliche Schätzungen sind kaum möglich.
In Berlin sollen noch an die 3.000 Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg unter der Erde liegen, wie eine Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gegenüber der JUNGEN FREIHEIT sagte. Alliierte Bomber hatten knapp 500.000 Tonnen Sprengmaterial während des Krieges über der damaligen Reichshauptstadt abgeworfen.
Seit 1947 hat der Berliner Kampfmittelräumdienst rund 7.300 Bomben über 50 Kilogramm entschärft. Glücklicherweise, so die Senatssprecherin, habe es dabei in den vergangenen sechzig Jahren keine Toten gegeben. Jährlich bergen und entsorgen Spezialisten zwischen 25 und 40 Tonnen nicht-chemischer Kampfstoffe in der Hauptstadt.
Baden-Württemberg verzeichnet 58 Tote seit 1946
In Baden-Württemberg wurden nach Angaben des Kampfmittelräumdienstes zwischen 1946 und 2008 24.375 Bomben geborgen und vernichtet. 58 Mitarbeiter verloren dabei ihr Leben.
Die Hamburger Innenbehörde teilte auf Anfrage der JF mit, daß noch schätzungsweise 3.000 Blindgänger unter der Hansestadt liegen. 11.000 Blindgänger seien seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs geborgen, entschärft und gesprengt worden. In den vergangen Jahren habe es dabei keine Toten gegeben.
In Sachsen beseitigte der Kampfmittelräumdienst zwischen 2005 und 2009 243 nicht detonierte Spreng und 1.757 Brandbomben. Glücklicherweise sei seit 1990 kein Toter mehr zu beklagen gewesen, sagte ein Sprecher der Landespolizeidirektion der JF. Schätzungen über noch vorhandene Blindgänger würden nicht vorgenommen. „Das kann niemand sagen. Das wäre wie ein Blick in die Kristallkugel“, betonte der Sprecher.
Hohe Belastung in Nordrhein-Westfalen
Ähnlich verhält es sich in Nordrhein-Westfalen. Auch hier läßt sich nicht ansatzweise schätzen, wie viele Blindgänger noch in der Erde lagern. Etwa 48 Prozent aller Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg trafen das damalige industrielle Herz des Deutschen Reiches, vor allem die Großstädte an Rhein und Ruhr. Laut dem Innenministerium beseitigte der Kampfmittelräumdienst 2008 1.143 Bomben mit insgesamt 52.483 Kilogramm und über 62.000 Kilogramm sonstige Kampfmittel.
In Bayern wurden nach Angaben des Innenministeriums allein 2008 121 Spreng- und Splitterbomben und über 50 Tonnen Weltkriegsmunition entsorgt.
In Göttingen waren am Montag bei der Explosion einer amerikanischen Zehn- Zentner-Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg drei Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes ums Leben gekommen und sechs Personen verletzt worden. (krk)