BERLIN Das Grußwort der Linken-Politikerin Ulla Jelpke an eine Tagung von Veteranen der DDR-Auslandsspionage (HVA) könnte ein parlamentarisches Nachspiel haben. Der Generalsekretär der CDU Brandenburg, Dieter Dombrowski, kündigte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT an, den Vorfall im Bundestag behandeln zu lassen.
„Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Demokraten“, sagte Dombrowski. Er wolle dafür sorgen, daß die brandenburgische Landesgruppe der CDU im Bundestag das Thema im Parlament zur Sprache bringe.
Die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Jelpke, hatte in einem Grußwort für eine Tagung von ehemaligen HVA-Mitarbeitern die „Dämonisierung“ der DDR und des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) kritisiert. Zudem verglich die Linken-Politikerin die Agenten der HVA mit denen des Bundesnachrichtendienstes (BND) und würdigte die ehemaligen Stasi-Spione für ihren „mutigen Einsatz für den Frieden“.
Die Äußerungen hätten ihn jedoch nicht überrascht, sagte Dombrowski. Die SED sei eine Vereinigung von „Politkriminellen“ gewesen und die Stasi ihr Machtinstrument. Da heutzutage zahlreiche ehemalige SED-Politiker in der Linkspartei aktiv seien, sei es auch nicht verwunderlich, daß dort eine andere Auffassung der Stasi herrsche. „Was mich aber empört, ist, daß solch eine linksextremistische Partei in zwei Landesparlamenten mit der SPD koaliert. Auch das ist eine Beleidigung der SED-Opfer“, kritisierte der CDU-Generalsekretär gegenüber der JF.
Kritik auch von der CSU
Dombrowski war 1974 selbst in der DDR wegen „Republikflucht“ und „staatsfeindlicher Verbindungsaufnahme“ zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden. Nachdem er einen Teil der Strafe in Cottbus und Schwerin verbüßt hatte, wurde er von der Bundesrepublik freigekauft.
Unterdessen kritisierten auch andere Politiker von CDU und CSU die verharmlosenden Äußerungen Jelpkes scharf: Die Aussagen offenbarten „nicht nur die immer noch fehlende Auseinandersetzung der Linken mit der Vergangenheit der DDR und den grausamen Folgen der Diktatur, sondern auch den tief in der Partei verankerten Linksextremismus unterster Schublade“, meinte der innen- und rechtpolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stephan Mayer.
Jelpkes Grußwort an die Veteranen der Stasi-Spionageabteilung sei einer Bundestagsabgeordneten „schlicht unwürdig“. Mayer forderte die Politikerin auf, sich „umgehend von den Äußerungen zu distanzieren und sich bei den Opfern der Staatssicherheit in aller Form öffentlich zu entschuldigen“.
Für den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Arnold Vaatz trägt Jelpkes Wortwahl zur „Wahrheit und Klarheit über die Linkspartei bei“. Ihre Aussage ziele „im Kern auf die Abschaffung der Demokratie in Deutschland“. Dessen müsse sich jeder Wähler der Linkspartei bewußt sein, der damit auch „die Gedankengänge von Frau Jelpke unterstützt“, sagte der ehemalige DDR-Bürgerrechtler der Mitteldeutschen Zeitung (MZ). >>
Vaatz meinte weiter, die „Gleichgültigkeit der deutschen Gesellschaft“, die auf solch einen Skandal überhaupt nicht mehr reagiere, lasse ihn staunen und verursache ihm eine Gänsehaut.
Wie die MZ außerdem berichtet, sorgt Jelpkes Stasi-Lob auch parteiintern für Mißstimmung, gerade angesichts möglicher Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen in Nordrhein-Westfalen.
Einer ihrer Fraktionskollegen aus Mitteldeutschland, der ungenannt bleiben wollte, kommentierte die Äußerungen der aus Hamburg stammenden Jelpke erbost: „Die hat überhaupt keine Ahnung davon“.
Zuvor hatte bereits die Vereinigung der Opfer des Stalinismus Jelpke angegriffen und eine Klarstellung ihrer Partei gefordert. Das Grußwort sei eine „eklatante Verhöhnung der Opfer der DDR-Diktatur“, sagte der stellvertretende Bundesvorsitzende der Vereinigung, Ronald Lässig, gegenüber der JF. Offenbar leide Jelpke unter „Wahrnehmungsstörungen“.
Opferverband spricht von „Schlag ins Gesicht“
Für die Vereinigung der Opfer des Stalinismus seien die Äußerungen ein Schlag ins Gesicht: „Wer die Stasi mit dem BND gleichsetzt, hat den Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie nicht verstanden. Die Stasi hat unterdrückt, und zwar mit allen Mitteln“, sagte Lässig.
Dem Verband stelle sich nun die Frage, ob dies Jelpkes persönliche Meinung oder die der Linkspartei sei. Immerhin sei die Politikerin innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion. „Die Linkspartei sollte das zügig klarstellen. Schließlich ist Frau Jelpke keine unbedeutende Hinterbänklerin“, forderte Lässig.
Bislang habe die Linkspartei immer versichert, sie wolle die SED-Vergangenheit aufarbeiten. Angesichts solcher Äußerungen kämen dem Opferverband aber deutliche Zweifel. Vielmehr werde dadurch eine Verklärung des DDR-Unrechts vorangetrieben. (krk/vo)