BERLIN. Der Afghanistan-Experte Peter Scholl-Latour hat die Pläne für ein Taliban-Aussteigerprogramm als unsinnig zurückgewiesen. Der Westen offenbare damit, daß er am Hindukusch nach wie vor an der Realität vorbeischaue.
„Aussteigerprogramme gehen an der Mentalität der Afghanen vorbei. Gern nehmen sie das Geld. Verpflichtet fühlen sie sich dadurch nicht“, schreibt Scholl-Latour in einem Beitrag für die JUNGE FREIHEIT.
Wenn überhaupt, müsse versucht werden, die „harten Kämpfer“ zu sich herüberzuziehen – und nicht irgendwelche gemäßigten Taliban. Eine Beruhigung der Situation oder gar einen Waffenstillstand könne es nur geben, wenn man mit den wirklichen Führern des Widerstandes verhandle.
„Einberufung einer Loya Jirga ist sinnvoller“
Diese seien zwar oft unerbittlich, dafür aber zuverlässige Verhandlungspartner – „jedenfalls verläßlicher als jene ‘Gemäßigten’, die man nun kaufen will, aber letztendlich nur mieten würde“, so Scholl-Latour.
Der Journalist und Kriegsberichterstatter riet den Vereinigten Staaten und ihren Verbündeten zudem, in Afghanistan nicht länger auf Präsident Hamid Karsai zu setzen, sondern statt dessen auf die Traditionen des Landes zurückzugreifen.
„Die Einberufung einer Loya Jirga, einer Versammlung der Stammesführer und der wichtigsten Warlords, wäre weit sinnvoller als das Pseudoparlament, das immer noch unter der Ägide Karsais als Staatschef fungiert. Dieser Freund des Westens verfügt bei seinen Landsleuten über keinen Kredit und hat nach der letzten getürkten Wahl an Legitimität verloren“, kritisierte Scholl-Latour. (krk)
> Der vollständige Beitrag Peter Scholl-Latours ist in der aktuellen Ausgabe der JUNGEN FREIHEIT erschienen.