DELMENHORST. Niedersachsens Sozialministerin Aygül Özkan (CDU) ist hat ein geplantes Grußwort zum feierlichen Fastenbrechen in einer muslimischen Gemeinde in Delmenhorst am Mittwoch abgesagt.
Hintergrund ist der Vorwurf, die betreffende Mevlana-Gemeinde stehe der islamistischen Organisation Milli Görüs (IGMG) nahe. In der niedersächsischen Stadt veranstalten erstmals eine muslimische und eine evangelische Gemeinde ein gemeinsames sogenanntes Iftar-Mahl zum Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan.
Offiziell wurde die Absage der Ministerin damit begründet, daß sie sich auf ein Spitzengespräch mit Vertretern des Bundeskanzleramtes vorbereiten müsse. „Als Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz sei Özkan dazu verpflichtet, die Länderinteressen hinsichtlich der massiven Impfstoffüberschüsse der Schweinegrippen-Impfung gegenüber dem Bund zu vertreten“, schreibt die Nordwest- Zeitung. Özkan ließ mitteilen, sie bedaure ihre kurzfristige Absage.
Prominente Gäste sagten zu
Gastgeber des feierlichen Fastenbrechens war die Mevlana-Gemeinde und die Kirchengemeinde „Zu den zwölf Aposteln“. Die Schirmherrschaft hat die CDU-Landtagsabgeordnete Swantje Hartmann übernommen.
An der Veranstaltung nahmen nach Informationen der Nachrichtenagentur idea neben dem evangelischen oldenburgischen Landesbischof Jan Janssen auch die niedersächsische Landwirtschaftministerin Astrid Grotelüschen (CDU), die Vorsitzenden aller fünf im Landtag vertretenen Parteien sowie der Delmenhorster Oberbürgermeister Patrick de La Lanne (SPD) teil.
Einem Bericht des Deutschlandfunks zufolge hatte die Mevlana-Gemeinde im Jahr 1987 von einer Dachorganisation der Milli Görüs die Vollmacht zur Errichtung einer Moschee erhalten.
Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung
Außerdem soll das betreffende Grundstück von der in Köln ansässigen „Europäischen Moscheebau- und Unterstützungsgemeinschaft“ erworben worden sein, der Immobilienverwaltung der islamistischen Organisation.
Laut niedersächsischem Verfassungsschutz ist Milli Görüs „bestrebt, türkischstämmigen Muslimen eine eigenständige Identität auf der Basis islamistischer wie auch türkisch-nationalistischer Anschauungen zu vermitteln. Diese Identität definiert sich in Abgrenzung zur freiheitlichen Werteordnung der Bundesrepublik Deutschland und propagiert die islamische Rechts- und Lebensordnung, die Scharia, als Grundlage ihres Gesellschaftsmodells.“
Damit trage die IGMG zur Bildung von Parallelgesellschaften in Deutschland maßgeblich bei und verfolge Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.
Fundamentalistische Ausrichtung bekannt
Die Mevlana-Gemeinde weist demgegenüber eine inhaltliche Nähe zur Ideologie der Milli Görüs zurück. Diese sei höchstens bei einzelnen Gemeindemitgliedern vorhanden.
Auch der Pfarrer der das Iftar-Mahl mitausrichtenden evangelischen Gemeinde sagte dem Deutschlandfunk, die konservative, zum Teil sogar fundamentalistische Ausrichtung der Mevlana-Gemeinde sei schon länger bekannt; sie leiste jedoch seit vielen Jahren einen guten Beitrag für die Integration der Moslems in Delmenhorst.
Das Sozialministerium hatte daraufhin zunächst nur mitgeteilt, man werde aufgrund der Informationen des Verfassungsschutzes überprüfen, ob Özkan an der Veranstaltung teilnimmt oder nicht.
Erneuter Ärger für Özkan
Nach dem Wirbel um ihre Aussagen zu Kreuzen in öffentlichen Gebäuden und ihre geplante „Mediencharta“ ist dies der dritte Vorfall, der die türkischstämmige Ministerin während ihrer erst dreimonatigen Amtszeit in Bredouille gebracht hatte.
Geladen waren zum feierlichen Fastenbrechen auch die Mitglieder des Delmenhorster Stadtrats – mit Ausnahme des Fraktionsvorsitzenden der Wählergemeinschaft Freie Delmenhorster Politik (FDelP), Uwe Dähne.
Dähne hatte im Frühjahr gemeinsam mit zwei anderen Ratsherren die FDP-Fraktion verlassen und war bei den Liberalen ausgetreten, weil er dem Delmenhorster Kreisvorsitzenden Tamer Sert vorwarf, die FDP mit türkisch-nationalen Kreisen unterwandert zu haben. (vo)