BERLIN. Mit einer spektakulären Protestaktion haben ehemalige Verfolgte des DDR-Regimes am Freitag die Berliner Karl-Marx-Allee symbolisch in „Straße der friedlichen Revolution“ umbenannt. Vertreter der „Vereinigung der Opfer des Stalinismus“ (VOS) überklebten das Straßenschild der Allee am Strausberger Platz anläßlich des 20. Jahrestages der entscheidenden Leipziger Montagsdemonstration vom 9. Oktober 1989 mit dem neuen Namenszug.
„Es ist für uns unverständlich, daß 20 Jahre nach dem friedfertigen Aufbegehren in der DDR viele Straßen in Deutschland noch immer die Namen kommunistischer Idole tragen“, sagte der Berliner VOS-Landesvorsitzende Mario Röllig. Derzeit gebe es deutschlandweit noch rund 550 Straßen, die nach Karl Marx benannt seien. Hinzu kommen die Straßen weiterer kommunistischer Idole wie Ernst Thälmann, Wilhelm Pieck, Karl Liebknecht oder Rosa Luxemburg.
„Die Zeit ist reif”
„Besonders in den ländlichen Regionen hat sich da kaum etwas getan“ , moniert der Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen Hubertus Knabe gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Knabe, der der Aktion beigewohnt hatte wünscht sich einen Aufruf des Bundespräsidenten zur Umbenennung kommunistischer Straßennamen. Schließlich erinnere kaum ein Weg an den Mut tausender Menschen, die gegen das SED-Regime Widerstand geleistet und für Freiheit und Demokratie protestiert hatten. Die Zeit für eine „Straße der friedlichen Revolution“ sei daher reif.
Nach Auffassung der VOS solle ein Staat, der sich in der Traditionslinie von Paulskirche und Weimarer Verfassung sehe Straßen nicht nach den Feinden von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit benennen.
Offener Brief an Merkel und Wowereit
Die VOS hat zudem mit offenen Briefen an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Berlins Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ihrer Forderung nach Umbenennungen und einer angemessenen Würdigung der Revolution in der DDR Nachdruck verliehen.
Inzwischen hat die CDU-Fraktion der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg auf Anregung der VOS einen entsprechenden Antrag auf Umbenennung der Karl-Marx-Allee in „Straße der friedlichen Revolution“ auf den Weg gebracht.
„Ursprünglich wollten wir alle Schilder der Karl-Marx-Alle bis zum Frankfurter Tor überkleben“, sagte VOS-Pressesprecher Ronald Lässig der JF. Jedoch habe die Polizei angekündigt, die Aktion notfalls unter Gewalteinsatz zu unterbinden, da es sich dabei um Sachbeschädigung handele. (ro)