BERLIN. Der Machtkampf in der NPD geht in eine neue Runde. Andreas Molau hat seine Kandidatur für den Parteivorsitz zurückgezogen. Nun will der Fraktionsvorsitzende in Schwerin, Udo Pastörs, NPD-Chef Udo Voigt aus dem Amt drängen.
Molau war erst Ende vergangenen jahres mit dem selbstgesteckten Ziel angetreten, die NPD zu neuen Ufern zu führen. Moderner sollte die NPD werden, und politikfähiger. Neue Wählerschichten wollte er der Partei erschließen, auch im bürgerlichen Lager. Vor allem aber wollte Molau nach eigenen Angaben dafür sorgen, daß sich die NPD endlich nicht mehr hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt. Immerhin lodert seit einem Jahr ein heftiger Streit um die Führung. Kritiker werfen Parteichef Udo Voigt vor, in die Machenschaften des wegen Veruntreuung verurteilten ehemaligen Schatzmeisters Erwin Kemna verstrickt gewesen zu sein. Voigt bestreitet dies.
Unterstützung bekam Molau bei seiner Kandidatur für den Parteivorsitz von den beiden Fraktionschefs der NPD in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, Holger Apfel und Udo Pastörs. Viele in der Partei galt Molau daher als Kompromißlösung, eingefädelt von Generalsekretär Peter Marx, der aus seiner Ablehnung Voigts schon länger kein Geheimnis mehr macht.
Kampfkandidatur sollte vermieden werden
Im Dezember hatte er sich gegenüber der JUNGEN FREIHEIT offen gegen Voigt ausgesprochen. Die Partei brauche einen personellen Neuanfang, forderte er und kündigte an, daß er für den Fall einer Wiederwahl Voigts nicht mehr für den Parteivorstand kandidieren werde. Also wurde ein Gegenkandidat für die Wahl des Parteivorsitzenden gebraucht.
Dabei sollte eine Kampfkandidatur von Apfel und Pastörs, denen beiden Ambitionen auf den Parteivorsitz nachgesagt werden, vermieden werden. Voigt wäre in diesem Fall der lachende Dritte. Also einigte man sich offenbar auf Molau als Kandidaten und brachte ihn medienwirksam in Stellung. Beobachter mutmaßten, daß Molau im Falle eines Sieges den beiden Fraktionsvorsitzenden als neuer Parteichef nicht wirklich gefährlich werden könnte, da er über keine eigene Hausmacht verfüge.
Voigt selbst soll Molau noch am vergangenen Wochenende während des Trauermarschs in Dresden gefragt haben, wie lange dieser das Spiel noch mitspielen wolle. Es sei doch nur eine Frage der Zeit, bis er zu gunsten von Pastörs auf die Kandidaturverzichten würde. Molau soll entrüstet geantwortet haben, ihm sei es ernst mit seiner Kandidatur. Für ein Spiel würde er seinen Namen nicht hergeben.
Holger Apfel ist offenbar nicht begeistert
Um so härter muß Molau das Ergebnis der Landesvorstandssitzung der NPD Mecklenburg-Vorpommern von Montag getroffen haben. Dort wurde entschieden, Pastörs für das Amt des Bundesvorsitzenden zu nominieren. Nach Informationen der JUNGEN FREIHEIT soll sich lediglich der Landesvorsitzende Stefan Köster anfänglich noch für Molau ausgesprochen haben. Von Pastörs wurde nur bekannt, daß er die Nominierung annahm und gegen Voigt kandidieren will.
Holger Apfel soll alles andere als begeistert von dieser Wendung gewesen sein. Hatte er sich doch zusammen mit anderen Fraktionsmitgliedern deutlich für Molau ausgesprochen. Allerdings dürfte Apfel die bevorstehende Landtagswahl in Sachsen im August, bei der die NPD um den Wiedereinzug in das Parlament kämpfen muß, wohl kaum noch die Luft lassen, selbst in den Ring zu steigen.
Wie sehr die Entscheidung Molau getroffen hat, zeigt seine Reaktion in einer wenig später verbreiteten persönlichen Erklärung. Voigt und dessen Stellvertreter, der Hamburger Anwalt Jürgen Rieger, hätten seit längerem „eine planmäßige Rufmordkampagne“ gegen ihn betrieben. Voigt sei in Wahrheit nur noch eine Marionette Riegers. Dieser hätte die Partei zuerst in finanzielle Abhängigkeit gebracht und sich dann eine Position geschaffen, in der er die Partei mit seinem politischen Narrentum zugrunde richte. Rieger gilt als wichtigster Darlehensbeschaffer und finanzielle Schlüsselfigur der Partei. Dabei könne ein Anwalt, so Molau, „der in der Bild-Zeitung Schlagzeilen macht, weil er seine alkoholabhängige Mandantin vernascht“, wohl kaum als politisches Vorbild dienen.
„Unreflektierte Hitler-Verehrung”
Riegers „krude Vorstellungen zwischen einer unreflektierten Hitler-Verehrung und einem darwinistisch geprägten Wirtschaftsliberalismus“ sicherten der NPD höchstens einen Platz im „Null-Komma-Ghetto“, schäumte Molau. Eine Kandidatur mache für ihn keinen Sinn mehr. Diejenigen, die ihn zur Übernahme von Verantwortung veranlaßt hätten, hätten ihm nun die Unerstützung entzogen, was vor allem als Hieb auf Marx und Pastörs verstanden werden dürfte.
Gegenüber der JF zeigte sich Molau wütend und maßlos enttäuscht. Ob er noch in der Partei bleiben werde, sei ungewiß. „Das hängt davon ab, ob sie sich weiter zur Sekte entwickelt, oder ob sie sich noch mal aufrafft und politikfähig wird“, sagte er.
Sichtlich gut gelaunt kommentierte dagegen Voigt die jüngsten Ereignisse. Er sei nicht wirklich überrascht, daß Molau nun das Handtuch werfe. „Es wäre nur schön, wenn sich meine Gegner nun endlich auf einen Kandidaten geeinigt hätten, der auch bis zum Parteitag durchhält“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT. Seiner Ansicht nach habe Marx eingesehen, daß für Molau keine Mehrheit zu organisieren sei und nun die Notbremse gezogen.
„Ehrlicher wäre es allerdings gewesen, wenn er selbst kandidieren würde, aber dafür hat er nicht genügend Hemd in der Hose“, sagte Voigt. Er bedauere es, daß er mit Molaus Wegfall nun keinen inhaltlichen Konkurrenten mehr habe. Politisch könne er bei Pastörs jedenfalls keine Linie erkennen. Seiner Ansicht nach ginge es dem Schweriner Fraktionschef immer nur um persönliche Auseinandersetzungen.