BERLIN. Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, hat es bedauert, den früheren Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) wegen dessen Kritik an integrationsunwilligen Einwanderern mit Hitler gleichgesetzt zu haben:
„Ich wollte Sarrazin nicht unterstellen, wie Hitler und Goebbels zu sein – das ist überzogen –, wohl aber, die Sprache und Gedanken der heutigen Neonazis zu verwenden“, so Kramer in einem Beitrag für den Tagesspiegel. Nazivergleiche seien „immer problematisch“. Er selbst habe sie stets kritisiert, dies müsse daher „auch zu Selbstkritik führen“.
„Plumpe Anbiederung“
Seine Gleichsetzung des SPD-Politikers mit den NS-Größen sei „auch der Sache selbst nicht dienlich, droht doch der Wirbel um den Vergleich Sarrazin im Kampf um seinen schmählich verlorenen Ruf zu helfen“, mutmaßt Kramer in seinem Artikel. Dies wäre seiner Meinung nach jedoch „erst recht bedauerlich.“
Ausdrücklich hält der Generalsekretär des Zentralrats an seiner Einschätzung fest, daß Sarrazins Äußerungen „rassistisch sind und auf niedrigste Instinkte zielen“. Da helfe auch dessen „plumpe Anbiederung nicht, osteuropäische Juden hätten einen um fünfzehn Punkte über dem Durchschnitt liegenden Intelligenzquotienten“, so Kramer.
Der Historiker und Publizist Michael Wolffsohn hatte bereits am Wochenende Kramer heftig kritisiert und betont, dieser gebe nicht die „einhellige Meinung der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland“ wieder.
Kramer mußte sich schon im März entschuldigen
Wörtlich schrieb Wolffsohn im Tagesspiegel am Sonntag: „Hat der Mann noch alle Tassen im Schrank?“ Offenbar wolle „der Konvertit Kramer uns geborenen ‘Alt- Juden’ beweisen, daß er der bessere Jude“ sei.
Der an der Universität der Bundeswehr in München lehrende Historiker forderte außerdem von der Zentralratsvorsitzenden Charlotte Knobloch, sie dürfe angesichts der Entgleisungen ihres Generalsekretärs nicht länger „wegsehen, weghören und schweigen“.
Bereits im März dieses Jahres hatte sich Stephan Kramer nach einem verbalen Angriff auf Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bei diesem schriftlich entschuldigen müssen. Damals hieß es jedoch, der Generalsekretär genieße „nach wie vor das uneingeschränkte Vertrauen des Präsidiums des Zentralrates“. (vo)