BERLIN. Sechzig Prozent der Deutschen sind stolz auf ihre Nationalität. Das geht aus einer Studie der Düsseldorfer Identity Foundation über „Die Identität der Deutschen“ hervor. Der Aussage „Ich bin stolz, Deutsche/r zu sein“ stimmte demnach über die Hälfte der Befragten zu.
Siebzig Prozent von ihnen gaben an, sie fühlten sich „sogar der Nation im Herzen verbunden“. Noch mehr, nämlich 83,6 Prozent, wollen sich „nicht länger für ihr Deutsch-Sein schämen“, und 74,6 Prozent „finden es an der Zeit, trotz der Geschichte wieder stolz auf Deutschland sein zu können“.
Basis für die anläßlich des sechzigjährigen Bestehens der Bundesrepublik Deutschland durchgeführte Studie waren verschiedene repräsentative Umfragen sowie „tiefenpsychologische Interviews über das Deutsch-Sein“.
Deutsche halten sich für „pflichtbewußt und leistungsorientiert“
72,9 Prozent der Befragten seien der Ansicht, daß die Deutschen „wieder mehr nationales Selbstbewußtsein zeigen sollten“, gleichzeitig vermissen jedoch 53,1 Prozent „konstruktive Identitätsbilder in Schule, Politik und Medien“.
Ein breiter Konsens herrsche über das, was „typisch deutsch“ ist: 90,8 Prozent der Befragten meinen, ein Deutscher sei „pflichtbewußt und leistungsorientiert und schätze Regeln und Ordnung“. 48,3 Prozent seien „fest davon überzeugt, daß die Deutschen noch immer die besten Erfinder und Tüftler in der Welt sind“.
Ein wichtiger Verbundenheitsfaktor sind laut der Erhebung für fast die Hälfte der Deutschen auch ihre Dichter und Denker. 44 Prozent der Befragten fühlen sich außerdem durch Leistungen in Politik, Wirtschaft und Sport in ihrem Deutsch-Sein bestärkt.
„Caféhaus-Moral“ der Deutschen
Nach außen hin legten sie sich dagegen eher Zurückhaltung auf. Um der „historischen Verantwortung gerecht zu werden“, so die Verfasser der Studie, lehnten 62,6 Prozent des deutschen Volkes eine größere militärische Präsenz der Bundesrepublik in der Welt ab.
72,9 Prozent wünschten sich „ein stärkeres Wir-Gefühl unter den Deutschen“, und 64,5 Prozent bemängelten den hierzulande verbreiteten Egoismus. Allerdings seien nur 36 Prozent auch tatsächlich bereit, „sich vorbehaltlos für das Vaterland zu engagieren“.
Fast vierzig Prozent der Deutschen sagten sich statt dessen: „Ich zahle Steuern, das reicht.“ Für die Verfasser spricht daraus „die eigentümliche Caféhaus-Moral“, die typisch für die Deutschen sei.
<---newpage--->Deutsche wünschen sich mehr Selbstbewußtsein
„Man will beides: Stolz auf die Nation, aber gleichzeitig eine nur dosierte Bindung an das Land“, sagte Eugen Buß, Professor für Soziologie an der Universität Hohenheim und Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats der Identity Foundation.
So meinten auch 72,9 Prozent der Interviewten, daß „die Deutschen mehr Selbstbewußtsein im Hinblick auf ihre nationale und kulturelle Identität zeigen sollten“, ohne daß sie dies selbst jedoch in die Tat umsetzten.
Zwar befürworteten es 60,9 Prozent, wenn bei besonderen Gelegenheiten die Nationalfahne gehißt werde, jedoch wollten „nur 31,2 Prozent die Fahne auch selbst schwenken“.
Nationalgefühl kein Auslaufmodell
Während andere Nationen ihr Gemeinschaftsgefühl oft in aller Größe zelebrierten, zeige sich das Deutsch-Sein eher vielfältig und weniger zur Schau getragen. Insgesamt dokumentiert die Studie, daß die Deutschen auf dem Weg zu einer „normalen Nation“ sind.
Noch nie seit Gründung der Bundesrepublik sei das Verhältnis der Deutschen zu ihrem Land so selbstverständlich, so unverkrampft und entspannt gewesen wie heute. „Das Nationalgefühl ist offenbar kein Auslaufmodell im zusammenwachsenden Europa, sondern wesentlicher Gestaltungsfaktor im neuen Selbstbild der Deutschen“, lautet das Fazit der Verfasser. (vo)