LONDON. Der Christenheit in Großbritannien sagen Wissenschaftler eine düstere Zukunft voraus. Die Zahl der Moscheebesucher werde bis 2050 die Zahl der regelmäßigen Kirchgänger weit übersteigen.
Selbst die Zahl der religiös aktiven Hindus käme dann derjenigen aller christlichen Gottesdienstbesucher nahe, so eine Untersuchung des Instituts Christian Research (Christliche Forschung) mit Sitz in Swindon bei London. Von den rund 60 Millionen Einwohnern Großbritanniens sind heute knapp 72 Prozent Kirchenmitglieder, 2,8 Prozent Moslems und ein Prozent Hindus; der Rest gehört kleineren Glaubensrichtungen an oder ist ohne religiöses Bekenntnis.
Wie die Londoner Zeitung The Times berichtet, werden durch den vorausgesagten Schwund der Kirchgänger voraussichtlich selbst große Kirchen wie die anglikanische „Kirche von England“ und die römisch-katholische Kirche in große Finanznöte kommen, da sie – ohne die in Deutschland übliche Kirchensteuer – auf Beiträge und Spenden angewiesen seien.
Problem der Überalterung und Abwendung der Jugend
Das Forschungsinstitut schreibt unter Berücksichtigung der Bevölkerungsentwicklung unter anderem eine Kirchenmitgliedschaftserhebung aus dem Jahr 2005 fort. Die aktuelle Studie sagt voraus, daß die Zahl der Briten, die mindestens einmal im Monat in die Kirche gehen, von jetzt etwa vier Millionen bis 2050 auf 899.000 fallen wird.
Im Gegenzug werde die Zahl der religiös aktiven Moslems von knapp 400.000 auf 2,6 Millionen anwachsen. Die Zahl der religiösen Hindus werde sich von 400.000 auf 855.000 mehr als verdoppeln.
Durch die Überalterung ihrer Gottesdienstbesucher, die bereits heute vielfach über 65 Jahre alt seien, werde die Krise besonders für Methodisten und (reformierte) Presbyterianer akut, so die Times. Bis 2050 werde es noch 3.600 methodistische und 4.400 presbyterianische Kirchgänger in Großbritannien geben. Bei den Katholiken wären es 101.700, bei den Anglikanern 87.800, bei den Baptisten 123.000 und bei den unabhängigen Kirchengemeinden 168.000.
Junge Moslems leben in einer völlig anderen Welt
Wie David Voas, Professor für Bevölkerungsstudien an der Universität von Manchester, erläuterte, bestehe das Hauptproblem für die Kirchen darin, die Kinder kirchlich engagierter Eltern bei der Stange zuhalten. Solange man wegen des Gottesdienstbesuchs ausgelacht werde, sei es schwierig, den Trend umzukehren. Junge Moslems lebten in einer völlig anderen Welt. Religiös zu sein, bedeute ihnen, stolz auf das eigene geistliche und kulturelle Erbe zu sein. Junge Moslems seien oft religiös aktiver als ihre Eltern.
Die Kirche von England weist die Voraussage zurück. Die Studie gebe nur einen Teil der Gesamtschau religiöser Trends wieder, sagte die Leiterin der Kirchenforschung, Lynda Barley. Die Kirche von England gehe davon aus, daß derzeit mehr als 1,7 Millionen Menschen jeden Monat eine anglikanische Kirche oder Kathedrale aufsuchen; das übersteige die Zahlen des Forschungsinstituts bei weitem. Der Gottesdienstbesuch sei seit dem Jahr 2000 stabil geblieben. Man erwarte in der Zukunft keinen wesentlichen Rückgang der Beteiligung. (idea/JF)