WASHINGTON. Die US-Regierung hat die Debatte um den Ursprung des Coronavirus mit neuem Nachdruck angefacht. In martialischer Bildsprache, die eher an ein Kinoplakat erinnert als an eine nüchterne Behördenseite, präsentiert das Weiße Haus eine neue Internetplattform, auf der die sogenannte Laborthese als wahrscheinlichste Ursache der Pandemie dargestellt wird.
Im Zentrum: ein kämpferisch posierender Donald Trump, flankiert vom Titel „Lab Leak“ und dem handschriftlich ergänzten Untertitel: „Die wahren Ursprünge von Covid-19“. Die Botschaft der Seite ist eindeutig: Medien, Politiker, Gesundheitsbehörden und nicht zuletzt der umstrittene Immunologe Anthony Fauci hätten mit ihrer Fixierung auf einen natürlichen Ursprung des Virus eine ganze Nation in die Irre geführt.
Die Theorie eines Übersprungs von Wildtieren auf den Menschen wird als ideologisch motiviertes Ablenkungsmanöver dargestellt – während die Hinweise auf einen Laborunfall im chinesischen Wuhan als zunehmend belastbar gelten. Hintergrund der Offensive sind nicht nur wachsende Spannungen mit Peking, sondern auch ein wachsendes Unbehagen gegenüber den Maßnahmen der Corona-Zeit. Lockdowns, Maskenpflicht und Kontaktverbote werden auf der neuen Plattform deutlich kritisiert – sie seien Ausdruck eines politischen Kontrollwahns, gespeist aus einer falschen wissenschaftlichen Prämisse.
Debatte über Covid wird länger nicht verstummen
Bereits im Januar hatte CIA-Direktor John Ratcliffe die Linie seiner Behörde geändert. Der US-Geheimdienst hält nun einen Laborursprung der Pandemie für wahrscheinlicher als einen natürlichen. Zwar sei die Einschätzung mit geringer Zuversicht versehen, doch ein Paradigmenwechsel ist unübersehbar. Auch der US-Kongreß hatte Ende 2024 einen entsprechenden Bericht vorgelegt.

Selbst deutsche Stimmen schlagen in diese Kerbe: Der frühere Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, erklärte jüngst gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung, daß die Laborthese aus heutiger Sicht plausibler erscheine als die Theorie vom Wildtiermarkt.
Wissenschaftlich bleibt der Ursprung des Virus weiterhin ungeklärt. Eine im Fachblatt Cell veröffentlichte Studie lieferte zwar Hinweise auf einen Tiermarkt in Wuhan, doch der endgültige Beweis fehlt – ebenso wie eine lückenlose Erklärung, wie ein neuartiger Erreger weltweit binnen Wochen sämtliche Systeme zum Einsturz bringen konnte. Solange diese Fragen offenbleiben, dürfte auch die Debatte über den Ursprung nicht verstummen – zumal sie nicht nur wissenschaftlicher, sondern zutiefst politischer Natur ist. (rr)