LA PAZ. Die Wähler in Bolivien haben der seit Januar 2006 dominierenden sozialistischen Regierungspartei „Movimiento al Socialismo“ („Bewegung zum Sozialismus“) eine schwere Niederlage zugefügt. Die Ära des autoritären früheren Machthabers Evo Morales scheint damit endgültig beendet. Der im Westen oft gefeierte indigene Staatspräsident wurde zwar bereits 2019 zum Rücktritt gezwungen, zog im Hintergrund aber immer noch die Fäden.
Der sozialistische Kandidat schaffte es am Sonntag nicht einmal unter die ersten Drei. In die Stichwahl, die nötig wird, weil keiner der Bewerber im ersten Durchgang mehr als 40 Prozent der Stimmen mit einem Vorsprung von zehn Prozentpunkten erreichte, ziehen zwei Bürgerliche ein. Das teilte die staatliche Wahlbehörde nach Auszählung von etwa 90 Prozent der Stimmen mit.
Am 19. Oktober treten die beiden bestplatzierten Kandidaten gegeneinander an: Christdemokrat Rodrigo Paz Pereira von der „Partido Demócrata Cristiano“ (PDC), die der politischen Mitte zugerechnet wird, und Ex-Präsident Jorge „Tuto“ Quiroga von der rechts-libertären Partei „Libertad y Democracia“ (Freiheit und Demokratie). Er orientiert sich am wirtschaftsliberalen Modell des libertären Argentinien-Präsidenten, Javier Milei.

Milei-Anhänger wird es schwer haben
In der Stichwahl dürfte es der Libertäre allerdings schwer haben. Denn der drittplatzierte Kandidat, Geschäftsmann Samuel Doria Medina von der Mitte-Rechts-Koalition Alianza Unidad rief seine Wähler noch in der Nacht auf, für den Christdemokraten Paz Pereira zu stimmen. Medina galt zunächst selbst als Favorit auf die Präsidentschaft.
Morales-Anhänger versuchten noch am Wahltag, gewalttätigen Einfluß auf die Abstimmung zu nehmen. Sie attackierten den linken Kandidaten Andrónico Rodríguez nach dessen Stimmabgabe mit Steinen. Vorher war dort sogar ein Sprengsatz explodiert – mutmaßlich ebenfalls von Sozialisten in die Luft gejagt. Verletzt wurde niemand.
Bolivien liegt wirtschaftlich am Boden
Bolivien befindet sich nach zwei Jahrzehnten Sozialismus wirtschaftlich am Boden und zählt nun neben Venezuela zu den ärmsten Ländern Südamerikas. Das Land verfügt über riesige Lithium-Vorkommen. Diese für Batterien und Akkus wichtigen Bodenschätze könnten dem Land zu Wohlstand verhelfen. Doch stattdessen waren zuletzt Treibstoff und Devisen knapp geworden. Auch Medikamente gab es kaum noch. Die Inflation stieg auf 23 Prozent – so hoch wie seit 40 Jahren nicht mehr.
Als Hauptverantwortlicher für das Herunterwirtschaften des Landes gilt den Kritikern Sozialist Morales. Obwohl die Verfassung maximal zwei Amtszeiten vorsieht, wollte er sich nicht aus dem Präsidentenpalast verabschieden. Er versuchte, mit einem Referendum die Verfassung zu ändern, doch das Volk lehnte dies ab. Die gleichgeschaltete Justiz gestattete ihm dann trotzdem eine weitere Kandidatur. Es folgten 2019 Vorwürfe des Wahlbetrugs und schließlich seine Flucht nach Mexiko.
Inzwischen lebt Morales wieder in Bolivien, in der Sozialisten-Hochburg im Zentrum des Landes. Dort läßt er sich von schwerbewaffneten Drogenkartellen beschützen und versucht immer noch, die Politik zu beeinflussen und unter seine Kontrolle zu bekommen. Mit den Wahlen vom Sonntag könnte auch das beendet sein. (fh)