BERLIN. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat nach dem Vierertelefonat mit dem französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj seine Unterstützung für die Ukraine bekräftigt. Ein Sprecher der Bundesregierung erklärte, die vier Spitzenpolitiker hätten Kiew „unveränderte und volle Unterstützung“ zugesagt und betont, daß jede Verständigung die Souveränität der Ukraine sichern müsse.
Merz und seine Gesprächspartner würdigten die Bemühungen der Vereinigten Staaten, einen Entwurf für eine mögliche Regelung vorzulegen, stellten jedoch Bedingungen klar. Langfristig müßten „vitale europäische und ukrainische Interessen“ gewahrt bleiben. Die aktuelle Kontaktlinie solle als Ausgangspunkt weiterer Überlegungen gelten. Zudem sei jede Vereinbarung, die europäische Staaten, die Europäische Union oder die Nato betreffe, nur mit Zustimmung der europäischen Partner oder einem Konsens der Alliierten möglich.
Internationale Medien hoben hervor, daß die gemeinsame Stellungnahme zuerst in deutscher Sprache veröffentlicht wurde. Selenskyj dankte den europäischen Regierungschefs und kündigte weitere Beratungen an.
Washington legt 28 Punkte für Frieden vor
Der von Washington vorgelegte Entwurf umfaßt 28 Punkte und verlangt weitreichende Zugeständnisse, darunter territoriale Abgaben, eine Begrenzung der ukrainischen Streitkräfte und den verfassungsrechtlichen Ausschluß eines Nato-Beitritts (JF berichtete). Das Dokument wurde von ukrainischen wie US-amerikanischen Stellen bestätigt.
Der Friedensplan sieht als ersten Schritt eine Bestätigung der ukrainischen Souveränität vor und umfaßt anschließend eine Reihe sicherheitspolitischer Vorgaben. Vorgesehen sind ein Nichtangriffsabkommen zwischen Rußland, der Ukraine und Europa, ein Sicherheitsdialog zwischen Rußland und der Nato sowie feste Garantien für Kiew. Die ukrainischen Streitkräfte sollen auf 600.000 Soldaten begrenzt und ein künftiger Nato-Beitritt verfassungsrechtlich ausgeschlossen werden, während die Stationierung von Nato-Truppen untersagt bliebe. Europäische Kampfflugzeuge würden in Polen stationiert, und die Vereinigten Staaten knüpfen ihre Sicherheitsgarantie an konkrete Bedingungen.
Zugleich enthält der Entwurf weitreichende wirtschaftliche Elemente. Dazu zählen eine kurzfristige Annäherung der Ukraine an den EU-Binnenmarkt, ein umfassender Wiederaufbaufonds mit US-geführten Investitionen, eine stufenweise Reintegration Rußlands in die Weltwirtschaft sowie die Verwendung eingefrorener Gelder für gemeinsame Projekte. Ergänzend sollen eine amerikanisch-russische Arbeitsgruppe eingerichtet, ein russisches Nichtangriffsversprechen gesetzlich fixiert, Abrüstungsverträge verlängert und die Ukraine als nichtnuklearer Staat bestätigt werden. Auch das Kernkraftwerk Saporischschja soll unter IAEA-Aufsicht gemeinsam betrieben werden, flankiert von Bildungs- und Minderheitenschutzprogrammen.
Besetzte ukrainische Gebiete sollen russisch werden
Im territorialen Teil würden Krim, Luhansk und Donezk de facto als russisch anerkannt, während in Cherson und Saporischschja die aktuelle Frontlinie eingefroren würde. Weitere einseitige Grenzverschiebungen wären untersagt. Die Ukraine behielte Zugang zum Dnjepr und zum Schwarzmeerhandel, und ein humanitärer Ausschuß soll offene Punkte wie Gefangenenaustausch und Familienzusammenführungen bearbeiten.
Der Plan sieht außerdem Neuwahlen binnen hundert Tagen vor, eine umfassende Amnestie für alle Beteiligten und einen rechtsverbindlichen Friedensmechanismus unter Leitung eines von Trump geführten Rates. Ein Waffenstillstand träte erst in Kraft, sobald beide Seiten auf vereinbarte Linien zurückgezogen wären.
Kiew dankt Merz, Macron und Starmer
Selenskyj schrieb nach dem Gespräch, er sei Macron, Starmer und Merz für deren „prinzipielle Unterstützung“ dankbar. Man habe den amerikanischen Entwurf für einen möglichen Frieden erörtert und die Bemühungen der Vereinigten Staaten sowie Trumps gewürdigt, den Krieg zu beenden.
Die ukrainische Seite arbeite nun an dem Papier weiter und bestehe darauf, daß es „einen wirklichen und würdigen Frieden“ gewährleiste. Zugleich betonte Selenskyj, daß die ukrainischen Prinzipien berücksichtigt werden müßten. Die nächsten Schritte seien abgestimmt, und die Teams würden auf den entsprechenden Ebenen weiter zusammenarbeiten.
Paris betont Europas rote Linien
Das Élysée-Palast erklärte anschließend, Frankreich teile die Einschätzung der Gesprächspartner und halte am „unerschütterlichen Bekenntnis zu einem gerechten und dauerhaften Frieden“ fest. Jede Lösung müsse die Ukraine vollständig einbeziehen, ihre Souveränität sichern und verläßliche Garantien für ihre Zukunft bieten.
Zugleich unterstrich Paris, daß alle Entscheidungen, die europäische oder Nato-Interessen berühren, die gemeinsame Zustimmung der europäischen Partner und einen Konsens der Verbündeten erfordern. Damit faßte der Élysée-Palast die roten Linien Europas für mögliche weitere Verhandlungen zusammen. (sv)





