JERUSALEM. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat die vollständige Einnahme des Gazastreifens angekündigt. Wie israelische Medien unter Berufung auf einen ranghohen Regierungsvertreter berichten, habe sich Netanjahu entschieden, das Gebiet „vollständig zu besetzen“.
In den kommenden Tagen wolle er sich dafür die Rückendeckung von Kabinett und Militär holen. Bislang kontrollieren israelische Streitkräfte rund drei Viertel des dicht besiedelten Küstenstreifens.
Die verbliebenen Gebiete befinden sich nach wie vor unter Kontrolle der Hamas. Gerade dort werden die letzten Geiseln vermutet – etwa 50 Personen, von denen laut israelischen Angaben noch 20 am Leben sein sollen.
Netanjahu will in Gaza jedes Risiko eingehen
Militärs warnten wiederholt vor einer Komplettbesetzung. Der Einsatz könnte sich über Jahre hinziehen, Geiseln könnten dabei in noch größere Gefahr geraten. Die Times of Israel zitierte Bedenken der Armeeführung, wonach ein solcher Vorstoß schwere Verluste und langfristige Verstrickungen mit sich bringen würde.
Netanjahu soll laut Medien dennoch entschlossen sein, das Risiko einzugehen. Ein ihm nahestehender Regierungsmitarbeiter wurde mit den Worten zitiert: „Wenn der Generalstabschef nicht einverstanden ist, dann soll er zurücktreten.“ Gemeint ist der neue Armeechef Ejal Zamir, der sich laut Berichten zuletzt heftig mit Ministern gestritten hatte.
Die Initiative zur vollständigen Besatzung kommt vor allem aus den Reihen der ultrareligiösen und nationalistischen Koalitionspartner. Diese fordern zusätzlich die Umsiedlung der palästinensischen Bevölkerung sowie den Bau jüdischer Siedlungen im Gazastreifen.
Netanjahu selbst hatte zuletzt angekündigt, das Sicherheitskabinett noch diese Woche über das weitere Vorgehen entscheiden zu lassen. Eine diplomatische Lösung mit der Hamas schloß er aus. Der Krieg dauert inzwischen fast 22 Monate – begonnen hatte er mit dem Massaker vom 7. Oktober 2023, bei dem über 1.200 Israelis getötet und 250 entführt worden waren. (rr)