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Wiener Gerichtsbeschluß: Islamische Scharia-Richter können in Österreich gültig urteilen

Wiener Gerichtsbeschluß: Islamische Scharia-Richter können in Österreich gültig urteilen

Wiener Gerichtsbeschluß: Islamische Scharia-Richter können in Österreich gültig urteilen

Eine islamische Moschee im Wiener Bezirk Floridsdorf. Foto: IMAGO / Volker Preußer
Eine islamische Moschee im Wiener Bezirk Floridsdorf. Foto: IMAGO / Volker Preußer
Eine Moschee im Wiener Bezirk Floridsdorf. Dahinter der Donauturm. Foto: IMAGO / Volker Preußer
Wiener Gerichtsbeschluß
 

Islamische Scharia-Richter können in Österreich gültig urteilen

Ein Wiener Zivilgericht hat entschieden: In Österreich können Vertragspartner wirksam islamische Rechtsvorschriften vereinbaren. Das Ergebnis dürfe nur nicht gegen gewisse Grundwerte verstoßen.
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WIEN. Das Landesgericht für Zivilrechtssachen (LGZ) Wien hat ein aufsehenerregendes Urteil gefällt: In Österreich können vertragliche Streitigkeiten zwischen Parteien wirksam einem islamischen Schiedsgericht unterstellt werden – sofern das Ergebnis nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung verstößt.

Ausgangspunkt war ein Vertrag zweier in Wien lebender Moslems. Sie hielten darin fest: „Das Schiedsgericht entscheidet anhand der islamischen Rechtsvorschriften (Ahlus-Sunnah wal-Jamaah) nach Billigkeit in der Sache nach bestem Wissen und Gewissen.“

Nach einer Auseinandersetzung riefen die Männer das vereinbarte Schiedsgericht an. Dieses entschied gegen einen der Beteiligten und sprach eine Zahlung von 320.000 Euro aus. Der Unterlegene bekämpfte den Beschluß und argumentierte, die Scharia werde unterschiedlich ausgelegt und verstoße gegen Grundwerte des österreichischen Rechts, wie als erstes die Zeitung Die Presse berichtete.

Islam-Recht gilt in der Alpenrepublik nicht per se

Das LGZ Wien wies den Einspruch ab und stellte klar: Maßgeblich ist nicht, welche islamischen Regeln konkret angewandt wurden, sondern allein, ob das Ergebnis des Schiedsspruchs gegen die „Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung“ verstößt. Eine solche Kollision liege im konkreten Fall nicht vor. Deshalb bleibe der Schiedsspruch als Exekutionstitel aufrecht; der Einspruch sei „unberechtigt“.

Das Gericht betont zugleich, daß islamisches Recht in Österreich „per se“ nicht angewandt wird; es handelt sich nicht um staatliches Recht, sondern um ein von den Parteien gewähltes Regelwerk innerhalb der Privatautonomie. Eingreifende Kontrolle bleibt über die ordre-public-Klausel gewahrt. Als beispielhafte Grundsätze nennt die Judikatur etwa Einehe, Verbot der Kinderehe und des Ehezwangs, Schutz des Kindeswohls, Gleichbehandlung der Geschlechter sowie das Verbot der Ausbeutung wirtschaftlich oder sozial Schwächerer. Nur wenn das Ergebnis eines Schiedsspruchs solche Grundwertungen verletzt, ist er aufzuheben oder in der Exekution unbeachtlich. (rr)

Eine Moschee im Wiener Bezirk Floridsdorf. Dahinter der Donauturm. Foto: IMAGO / Volker Preußer
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