LUXEMBOURG. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat entschieden, daß die ungarischen Behörden die selbstgewählte Gender-Identität eines Asylbewerbers offiziell anerkennen müssen. „Die gelebte Identität zählt, nicht das bei der Geburt festgestellte Geschlecht“, sagte der Richter laut einem Bericht der Nachrichtenseite EUNews.
Geklagt hatte ein Asylbewerber aus dem Iran. Die Person ist eine biologische Frau und registrierte sich nach ihrer Ankunft in Ungarn im Jahr 2014 auch als solche. Als sie sich später als Mann eintragen lassen wollte – ohne eine entsprechende Operation vorgenommen zu haben – lehnten die ungarischen Behörden die Änderung ab.
„Unrichtige Daten“ müssen gelöscht werden
Ungarn müsse die Wahl-Identität des Asylbewerbers akzeptieren, urteilte der Gerichtshof. Daraus folge, daß „ein Mitgliedstaat sich nicht darauf berufen kann, daß es in seinem nationalen Recht kein Verfahren zur rechtlichen Anerkennung der Transgender-Identität gibt, um die Ausübung des Rechts auf eine Änderung des Geschlechtseintrags zu beschränken“.
Nach der EU-Verordnung über personenbezogene Daten müsse Ungarn alle Einträge in öffentlichen Datenbänken zu der Person ändern. „Unrichtige“ Daten – also Einträge mit dem abgelegten Geschlecht – müßten „unverzüglich gelöscht oder berichtigt“ werden.
EU-Gerichtshof: Mitgliedsstaaten müssen Gender-Änderung anerkennen
Bereits im vergangenen Oktober hatte der Europäische Gerichtshof geurteilt, daß EU-Mitgliedsstaaten Namens- und Geschlechtsänderungen, die in anderen EU-Staaten vorgenommen wurden, akzeptieren müssen. Die Weigerung eines EU-Staates „eine in einem anderen Mitgliedsstaat rechtmäßig erworbene Änderung des Vornamens und der Identität anzuerkennen und in die Geburtsurkunde eines Staatsangehörigen einzutragen, verstößt gegen das EU-Recht“, hieß es im Urteil laut eines Berichts der französischen Zeitung Le Monde.
Das Verweigern dieser Änderung sei eine Einschränkung von Freiheitsrechten, da „eine aus einer solchen Verweigerung resultierende Divergenz zwischen den Identitäten (…) Schwierigkeiten für eine Person“ im täglichen Leben schaffe, einschließlich „ernsthafter beruflicher, administrativer und privater Unannehmlichkeiten“. (lb)