BRÜSSEL. Die Hälfte ihrer Doktorarbeit soll EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola anderswo abgeschrieben haben, erklärt der Plagiatsjäger Stefan Weber. Ist der Doktortitel ein besonders dreister Betrugsfall? Oder gibt es gar keine Doktorarbeit?
Das behauptete jedenfalls ihre Sprecherin Mina Andreeva gegenüber der Bild. Es sei lediglich eine Masterarbeit gewesen und dafür hätten damals, 2003, andere wissenschaftliche Regeln gegolten. Außerdem erklärte sie, die 46jährige Christdemokratin habe keinen Doktortitel und trage daher auch keinen.
Doch diese Behauptung ist leicht zu widerlegen. Auf ihrer eigenen Webseite als Mitglied der EVP-Fraktion, zu der auch CDU und CSU gehören, heißt es wörtlich: „Dr. Metsola war von 2004 bis 2012 in der Ständigen Vertretung Maltas bei der Europäischen Union als Attaché für rechtliche und justizielle Zusammenarbeit und Leiterin des Referats Justiz und Inneres tätig.“
Fall Metsola wäre der zweite EU-Skandal
Der Präsident der Universität Malta kündigte inzwischen an, die Vorwürfe zu prüfen. Dies werde einige Wochen dauern. Er erklärte, für ihre Arbeit über Wahlsysteme habe die Parlamentspräsidentin den Titel „LL.D“ bzw. „Doktor der Rechte“ erhalten. Auch er selbst nenne sie daher Dr. Metsola.
Sollte die Malteserin des Betrugs überführt werden, wäre es bereits der zweite Skandal im EU-Parlamentspräsidium in kurzer Zeit. Im Dezember 2022 erschütterte ein Korruptionsskandal das EU-Parlament, in dessen Mittelpunkt Vizepräsidentin Eva Kaili stand. Die griechische Sozialistin und weitere Abgeordnete sollen Bestechungsgelder von Katar und Marokko angenommen haben.
Weber, der die Arbeit 2024 nur aus Neugierde, ohne dafür bezahlt worden zu sein, überprüft haben will, nennt in seinem Gutachten laut Bild 188 Stellen, an denen Metsola plagiiert, ganze Passagen abgeschrieben oder falsch zitiert haben soll. (fh)