TEHERAN. Der Iran hat nach Angaben seines Innenministers Eskandar Momeni in den vergangenen sechs Monaten bereits 1,2 Millionen Afghanen abgeschoben. Bis März kommenden Jahres sollen weitere 800.000 folgen. Insgesamt zwei von rund sechs Millionen afghanischen Migranten im Land müßten das Territorium verlassen.
Die Maßnahme richte sich ausschließlich gegen Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus und habe „nichts mit Fremdenfeindlichkeit zu tun“, sagte Momeni laut der staatlichen Nachrichtenagentur IRNA.
Die Regierung in Teheran begründet ihr Vorgehen mit der dramatischen Wirtschaftslage. Das ölreiche Land steckt infolge des Atomstreits mit dem Westen und internationaler Sanktionen in der schwersten Krise seiner Geschichte. Arbeitslosigkeit und Armut sind hoch, der Unmut in der Bevölkerung wächst. Viele Afghanen arbeiten in iranischen Großstädten als billige Arbeitskräfte, etwa auf Baustellen oder in kleinen Geschäften.
Deutsche Menschenrechtler gegen Abschiebungen von Afghanen
Seit 2023 haben der Iran und auch Pakistan großangelegte Abschiebekampagnen gestartet. Nach Schätzungen des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen könnten bis Ende des Jahres insgesamt bis zu drei Millionen Menschen nach Afghanistan zurückkehren müssen.
Das Deutsche Institut für Menschenrechte weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß sich die Lage seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 dramatisch verschlechtert habe. „Frauen und Mädchen werden systematisch entrechtet, die Meinungsfreiheit ist faktisch abgeschafft, willkürliche Verhaftungen, Folter und Gewalt gehören zum Alltag“, meint Nele Allenberg, Leiterin der Abteilung für Menschenrechtspolitik Inland und Europa.
Abschiebungen nach Afghanistan seien mit den menschenrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands unvereinbar und stellten einen Bruch des völkerrechtlich verbindlichen Refoulement-Verbots dar. Notwendig seien daher nicht weitere Rückführungen, sondern legale Fluchtwege für gefährdete Personen, so Allenberg. (rr)