WARSCHAU. Das polnische Bildungsministerium hat angekündigt, die bisherige Diskriminierungspraxis gegenüber der deutschen Minderheit an Schulen abzuschaffen. Ab 1. September 2024 soll der minderheitssprachliche Unterricht erneut drei Stunden wöchentlich betragen und eine volle Finanzierung von der Zentralregierung bekommen, teilte Vizeministerin Joanna Mucha von der regierenden Bürgerlichen Koalition (KO) mit.
Der Vorsitzende der Sozial-Kulturellen-Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien, Rafał Bartek, begrüßte die Änderung. „Hoffentlich ist das ein Anfang der Diskussionen über die Probleme, die die Minderheitsbildung betreffen“, sagte er im Gespräch mit dem regionalen Staatssender Radio Opole. Es müsse sich ändern, was sich seit Jahren nicht ändere, womit die Zufriedenheit der Minderheitsvertreter gemeint sei.
Im Februar 2022 hatte das Vorgängerkabinett unter der Leitung der Partei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) die Mittel um ein Drittel gekürzt und den Unterrichtsumfang ab dem nachfolgenden Schuljahr auf eine Stunde reduziert. Vom neuen Angebot wären mehr als 50.000 Schüler in Schlesien, Ermland und Masuren betroffen. Derzeit finanzieren die meisten Gemeinden zusätzliche Unterrichtsstunden aus eigenen Mitteln. Die Deutschstämmigen waren als einzige der 13 gleichwertig anerkannten Volksgruppen in Polen von der Maßnahme betroffen.
Kowalski: „Zustimmung zur Diskriminierung der Polen in Deutschland“
Deutliche Kritik an der Wiederherstellung des alten Zustandes kam deshalb von der PiS-Fraktion im Parlament. Deren Abgeordneter Janusz Kowalski beklagte, es gebe nun statt einer deutschen Minderheit im Parlament eine Mehrheit, die deutsch denke und handle. „Die Ablehnung des Kampfes um die Wiederherstellung der deutsch-polnischen Symmetrie ist eine Zustimmung zur Diskriminierung der Polen in Deutschland und zum Bruch des Nachbarschaftsvertrages seitens Berlins“, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter).
W Sejmie nie ma już mniejszości niemieckiej. Jest większość, która myśli i działa po niemiecku. Odrzucenie przez rząd Tuska walki o przywrócenie polsko-niemieckiej symetrii to zgoda na dyskryminację Polaków w Niemczech i łamanie traktatu przez Berlin.https://t.co/NCNbcbToSH
— Janusz Kowalski 🇵🇱 (@JKowalski_posel) January 2, 2024
Kowalski selbst trägt Mitverantwortung für die Kürzungen. Daß Deutschland entgegen den vertraglichen Bestimmungen den muttersprachlichen Unterricht für Polen nicht garantiere, hatte er mehrfach zum Vorwurf gemacht und als Begründung genannt. Die Bundesregierung verwies hingegen auf die Verantwortung der Bundesländer in Bildungsfragen. Zudem ringte sie um einen Kompromiß und hatte im Laufe der vergangenen Monate sowohl die Mittel für den Minderheitsunterricht in Polen aufgestockt, als auch die Finanzierung des muttersprachlichen Polnischunterrichts in Deutschland aus den Bundesmitteln eingeplant. (kuk)