BRÜSSEL/ANKARA. Nach dem Wahlsieg von Recep Tayyip Erdogan bei den Präsidentschaftswahlen in der Türkei hat der CSU-Europapolitiker Manfred Weber ein Ende der EU-Beitrittsverhandlungen gefordert. „Die letzten Jahre haben gezeigt, daß eine enge Partnerschaft wichtig ist, eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU allerdings niemand mehr will – weder die Türkei noch die EU“, sagte Weber, der auch Chef der Christdemokraten im EU-Parlament ist.
Der Prozeß müsse auch deswegen beendet werden, „weil er bessere Beziehungen mehr blockiert als unterstützt“. Weber forderte zudem, daß die Türkei dem Beitritt Schwedens zur Nato zustimmen müsse. Bisher weigert sich die Regierung in Ankara mit dem Argument, Schweden schütze angeblich kurdische Extremisten.
Scharfe Kritik von den Grünen
Empört über den Erdogans Wahlsieg zeigte sich auch Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne). „Um die vielen, vor allem jungen und gut ausgebildeten Menschen in der Türkei, die jede Hoffnung verlieren, tut es mir leid“, schrieb Özdemir auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Er kritisierte zudem, daß die Türken in Deutschland, die laut Prognosen mit Zwei-Drittel-Mehrheit für Erdogan stimmten, nicht für die Folgen ihrer Wahl einstehen müßten.
Auch mit den spontanen Autokorsos von Erdogan-Anhängern in mehreren deutschen Städten kann der Landwirtschaftsminister nicht viel abgewinnen: „Sie sind eine nicht zu überhörende Absage an unsere pluralistische Demokratie und Zeugnis unseres Scheiterns unter ihnen. Übersehen geht nicht mehr.“
Die #Tuerkei hat gewählt. Mich interessiert was in 🇩🇪 los ist, wo die Anhänger von #Erdogan feiern, ohne für die Folgen ihrer Wahl einstehen zu müssen. Das müssen viele Menschen in der 🇹🇷 durch Armut & Unfreiheit. Sie sind zurecht wütend. Darüber wird zu reden sein!
— Cem Özdemir (@cem_oezdemir) May 28, 2023
Erdogan hatte die Stichwahl laut der türkischen Wahlbehörde mit rund 52 Prozent knapp gegen seinen Herausforderer Kemal Kilicdaroglu, der auf 48 Prozent kam. In der ersten Runde hatte Erdogan mit 49,5 Prozent rund fünf Prozentpunkte Vorsprung auf seinen Herausforderer. (ho)