PARIS. Nach dem Wahltriumph vom Sonntag ist der „Rassemblement National“ (RN) von Marine Le Pen zur größten Oppositionspartei geworden. Die besetzt traditionell den Finanzausschuß in der Nationalversammlung. Doch den will ihr das Linksbündnis „NUPES“ streitig machen. Das kommt zwar auf 131 Sitze, während der RN 89 Abgeordnete stellt. Allerdings besteht die sogenannte „Neue ökologische und soziale Volksunion“ aus vier verschiedenen Parteien: Linken, Kommunisten, Grünen und Sozialisten.
Ob diese eine gemeinsame Fraktion stellen, scheint im Moment sehr unwahrscheinlich. Nach dem Wahlabend sind erste Streitigkeiten unter den Partnern aufgetreten. Diese hatten sich nach dem ersten Wahlgang, als sie noch gleichauf mit Macrons „Ensemble!“ gelegen hatten, ein deutlich besseres Ergebnis in den Stichwahlen versprochen. Während NUPES-Chef Jean-Luc Mélenchon eine vereinigte Linksfraktion fordert, lehnten dies gestern die anderen Parteivorsitzendenden ab. Der Linkspopulist sagte: „Wenn es nur eine Fraktion gibt, würde die Opposition ohne jede mögliche Diskussion NUPES heißen.“
Denn keine der vier Parteien stellt mehr Parlamentarier als der RN. Die stärkste Partei innerhalb des Linksbündnisses ist Mélenchons „Unbeugsames Frankreich“, das auf 75 Sitze kommt – 14 weniger als der RN. Bliebe es bei den bisherigen Regeln in der Nationalversammlung, hätte Le Pens Partei Anspruch auf den Vorsitz im Finanzausschuß. Diese fordert auch, den Parlamentsvizepräsidenten zu stellen – ebenfalls bisher guter Brauch in Frankreich.
Mélenchon will indes verhindern, daß der RN die Rolle als größte Oppositionsfraktion übernimmt. „Niemand hat diese Situation kommen sehen.“ Er wolle nicht das Gefühl vermitteln, daß wir die Verwirrung „durch unsere eigene Zersplitterung“ vergrößern.
Le Pen gibt Parteivorsitz ab
Nachdem der RN erstmals in Fraktionsstärke in die Nationalversammlung einzieht, will Marine Le Pen den Vorsitz der Partei abgeben. Sie kündigte an, sich künftig auf ihre Rolle als Fraktionschefin zu konzentrieren. Die Führung des RN hatte sie während ihres Präsidentschaftswahlkampfs gegen Amtsinhaber Macron vorerst an Jordan Bardella abgegeben. Der 26jährige hat nun gute Chancen, ihr Nachfolger zu werden.
Bei den Parlamentswahlen am Sonntag hatte Macrons Partei die absolute Mehrheit verloren. Es deutet sich eine schwierige Regierungsbildung an. Ob der Präsident nach der heftigen Niederlage seine Vorhaben umsetzen kann, erscheint vielen Beobachtern ungewiß. (fh)