BERN. Das Schweizer Stimmvolk hat am Sonntag für die „Ehe für alle“ gestimmt. Bei dem Volksentscheid votierten 64,1 Prozent der Teilnehmer mit Ja. Die Ehe für gleichgeschlechtliche Partner wird voraussichtlich Mitte 2022 in Kraft treten, kündigte Bundesrätin Katrin Keller-Sutter (FDP) an.
Die SVP warnte vor weitreichenden Folgen hinsichtlich der fortpflanzungsmediznischen Möglichkeiten. „Mit der Annahme der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare werden jetzt weitere Forderungen der Homosexuellen folgen“, zeigte sich SVP-Nationalrätin Verena Herzog sicher. „Diese Forderungen liegen ja schon auf dem Tisch. Die Eizellenspende ist bereits im Parlament deponiert. Das Nächste wird die Leihmutterschaft sein.“ Der stellvertretende SVP-Chef Franz Grüter kommentierte dazu: „Wir wollen nicht, daß das in der Schweiz möglich ist.“
Eines der letzten westlichen Länder ohne „Ehe für alle“
Bei einer Eizellenspende wird einer unfruchtbaren Frau eine Eizelle eingesetzt, die mit dem Sperma ihres Partners befruchtet wurde. Linke Parteien fordern seit Jahren die Legalisierung dieser Methode. Bei der Leihmutterschaft bekommt eine Frau ein Kind, das anstelle der genetischen Mutter ein Kind austrägt. Dieses überläßt sie dann den bestellenden Eltern. Auf diese Weise könnten auch schwule Männer Kinder kriegen. Bislang ist dies jedoch verboten.
Die Schweiz war eines der letzten westlichen Länder, in denen gleichgeschlechtliche Eheschließungen verboten waren. In Deutschland hatte der Bundestag die „Ehe für alle“ 2017 beschlossen. Die Mehrheit dafür kam zustande, weil auch einige Dutzend Unionsabgeordnete dafür gestimmt hatten.
Jungsozialisten scheitern klar
Ebenfalls zur Abstimmung in der Schweiz kam am Sonntag die „99-Prozent-Initiative“ der Jungsozialisten. Mit der Initiative wollten die Jusos Kapitalerträge höher besteuren. Sie scheiterten mit 64,9 Prozent der Stimmbürger, die mit Nein votierten, klar. Auch alle Kantone stimmten gegen den Vorstoß.
Volksentscheide auf regionaler Ebene gab es im Kanton Bern und in Uri. In Bern entschied eine Mehrheit, daß der Klimaschutz in der Verfassung verankert werden soll. Die Urner sprachen sich mit klarer Mehrheit gegen die Herabsenkung des Wahlalters auf 16 Jahre aus. (ls)