CAMBRIDGE. Der Juraprofessor Ronald S. Sullivan Jr. hat nach anhaltenden Protesten von Studenten seinen Dekansposten an der Harvard Universität verloren. Die Hochschüler hatten kritisiert, daß Sullivan Jr. im Januar dem Verteidigungsteam des Filmproduzenten Harvey Weinstein beigetreten war, berichtet die New York Times. Weinstein wird vorgeworfen, über Jahrzehnte Frauen aus der Filmindustrie sexuell belästigt und auch vergewaltigt zu haben. Er bestreitet die Vorwürfe.
Harvard-Studenten leben in zwölf Wohnheimen, die als „Häuser“ bezeichnet werden. Sie werden dort von sogenannten Fakultätsdekanen persönlich und akademisch betreut. Eine solche Mentorenrolle sei nicht mit der Tätigkeit als Anwalt eines mutmaßlichen Sexualstraftäters vereinbar, argumentierten die Studenten laut dem Bericht. Die Entscheidung, Weinstein zu vertreten, „ist nicht nur beunruhigend, sondern auch tief traumatisierend“, sagte der Anführer der Studentenproteste, Danukshi Mudannayake. Es zeige, daß er die Sicherheit der Studenten, mit denen er zusammenlebt, nicht schätze.
Kollegen setzen sich für Sullivan Jr. ein
Zuvor hatten sich 52 Harvard-Professoren in einem offenen Brief für Sullivan Jr. eingesetzt. Auch die Vertretung umstrittener Mandanten sei voll und ganz mit der Rolle als Juraprofessor und Dekan der Fakultät vereinbar. Die Universität entschied dennoch, den Lehrbeauftragten nicht über das Semester hinaus als Dekan zu beschäftigen, um die angespannte Stimmung unter den Studenten nicht zu verschlechtern. Unterrichten darf er die Studenten aber weiterhin.
Sullivan Jr. war der erste afroamerikanische Dekan der juristischen Fakultät in der Geschichte von Harvard. Er hat unter anderem als Berater von Barack Obama gearbeitet. (ha)