Belehrend und bevormundend sind zwei Adjektive, mit denen die meisten Gesundheitsminister Europas bestens charakterisiert sind. Während Bundesgesundheitsminister Jens Spahn es nicht einmal bei Ratschlägen zu besserer Lebensführung beläßt und mit Impflicht und Organspendezwang einen staatlichen Anspruch auf die Körper der Bürger geltend macht, hat es Norwegen besser.
Dort hat die frühere Einwanderungsministerin Sylvi Listhaug soeben ihr neues Amt als Gesundheitsministerin angetreten. Während sie sich als Einwanderungs- und Justizministerin einen Namen für ihr kompromißloses Eintreten gegen illegale Migration und radikalen Islam machte, ist Listhaug bereits in den ersten Tagen ihres neuen Jobs dabei, sich einen Ruf als freiheitliche Gesundheitspolitikerin zu erwerben.
Rauchen eine persönliche Entscheidung
„Die Menschen sollen rauchen, trinken und soviel rotes Fleisch essen wie sie wollen“, sagte sie im Fernsehsender NRK. Denn: Sie wüßten selbst am besten, was gesund ist und was nicht – ganz ohne staatliche Einmischung. Und auch für die Zukunft stellte sie klar: „Ich beabsichtige nicht, eine Moralpolizei zu sein und werde den Leuten nicht erklären, wie sie ihr Leben führen sollen.“
Aber dabei beließ es die 41jährige dreifache Mutter nicht. Im selben Interview beklagte sie, Raucher würden heutzutage wie Aussätzige behandelt. Das Qualmen, stellte die Gelegenheitsraucherin klar, sei eine persönliche Entscheidung, die es zu respektieren gelte.
Daß soviel gelebte Liberalität zu Kurzschlußreaktionen von Anhängern staatlicher Fremdbestimmung führen würde, kann kaum überraschen. Die Generalsekretärin der norwegischen Krebsgesellschaft, Anne Lise Ryel, sieht das öffentliche Gesundheitssystem durch die Kommentare der Ministerin gar um „viele Jahrzehnte zurückgeworfen“. Denn, so ihre Befürchtung: Viele werden sich daran halten, was sie sagt. Das freie Individuen ganz ohne Ermahnungen und Drohungen des Staates sich informieren und von selbst für einen gesunden Lebensstil entscheiden, scheint für Ryel genauso unvorstellbar zu sein wie für viele Gesundheitspolitiker hierzulande.