TRIPOLIS. Ein Oberstleutnant der libyschen Küstenwache hat schwere Vorwürfe gegen Hilfsorganisationen im Mittelmeer erhoben. Die Nichtregierungsorganisationen arbeiteten mit Schleppern zusammen, sagte Oberstleutnant Tarek Shanboor laut der britischen Zeitung Daily Mail am Wochenende. „Wir können jetzt beweisen, daß sie mit den Schmugglern unter einer Decke stecken.“
Die Schleuser riefen die Hilfsorganisationen an und würden auch von ihnen bezahlt werden, kritisierte Shanboor. Es gebe Telefonmitschnitte und Bankdaten, die das bewiesen. „Sie zahlen bis zu 450 Dollar pro Migrant an die kriminellen Gangs. Das alles mag gut gemeint sein, ist aber töricht und führt nur dazu, daß sich immer mehr auf den Weg machen.“
Schiffe von Hilfsorganisationen treffen auf libysche Marine
Am Freitag hatte die libysche Küstenwache Schiffe von Hilfsorganisationen mehrfach aufgefordert, sich von libyschen Gewässern fernzuhalten und dort nicht auf Schlepperboote zu warten. Ein Sprecher der libyschen Küstenwache bekräftigte, die libysche Marine habe „Wireless-Anrufe“ zwischen Schiffen von Schleppern und Hilfsorganisationen empfangen. Es habe so ausgesehen, als ob die Helfer auf die illegalen Einwanderer gewartet hätten, um sie auf ihre Schiffe zu bringen.
Am Freitag hatten sich vier Schiffe von Hilfsorganisationen, darunter auch von Ärzte ohne Grenzen, in der Nähe des libyschen Hoheitsgebiets aufgehalten. Nach eigenen Angaben nahmen sie 716 Einwanderer und einen Toten auf. Bereits in der Vergangenheit hatten die europäische Grenzschutzagentur Frontex, das italienische Parlament und die Staatsanwaltschaft von Catania die Hilfsorganisationen wegen ihrer Tätigkeiten im Mittelmeer kritisiert. (ls)