WIEN. Alexander Van der Bellen hat die Wahl zum österreichischen Bundespräsidenten mit 51,7 Prozent der Stimmen gewonnen. Nach Auszählung der Briefwahlstimmen werden 53,3 Prozent für ihn geschätzt. Bei der Wiederholung der Stichwahl am 4. Dezember konnte der ehemalige Bundesobmann der Grünen seinen freiheitlichen Kontrahenten Norbert Hofer mit einem erneut knappen Unterschied überholen. Die Auszählung des Briefwahlergebnisses wird für Montag erwartet, wird das endgültige Ergebnis aber nicht mehr zugunsten von Hofer ändern.
Norbert Hofer nahm das Ergebnis gefaßt auf und zeigte sich erfreut über die große Zustimmung. Er kündigte an, bei der „nächsten Wahl wieder kandidieren“ zu wollen.
Van der Bellen sei sich am Samstag noch nicht sicher gewesen über den Ausgang der Wahl, „am Sonntag schon“, berichtet die Presse. In einem ersten Aufeinandertreffen der beiden Kandidaten nach der Auszählung, schüttelten sie einander die Hände und riefen die Wähler dazu auf, ein demokratisches Ergebnis zu akzeptieren. Van der Bellen wolle nun auf alle Bürger „zugehen und sie vereinen“.
Als eine gute Basis für weitere Wahlen bezeichnete der stellvertretende Bundesobmann der FPÖ und Wiener Vizebürgermeister Johann Gudenus das Ergebnis: „Natürlich ist das nicht schön. Wir haben gekämpft wie die Löwen, und das werden wir auch weiterhin tun. 46 bis 47 Prozent der Stimmen für einen freiheitlichen Kandidaten sind aber allgemein ein sehr gutes Zeichen.“
Der freiheitliche EU-Parlamentarier Harald Vilimsky will sich von dem Ergebnis nicht enttäuschen lassen und sprach von „einer Sensation mit Schönheitsfehlern“. Jeder zweite habe Freiheitlich gewählt, und das zeige das große Potential auch für die Partner in ganz Europa.
Der Klubobmann des Team Stronach, Robert Lugar, zeigte sich unzufrieden mit dem Ergebnis. Es sei „eine große Chance verpaßt“ worden.
Der FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl gratulierte dem künftigen Präsidenten bereits. Er sieht in der breiten Zustimmung zu Norbert Hofer eine gute Basis für künftige Wahlen.
Von einer „historischen Zäsur“ sprach die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig: „Das ist ein historischer Tag“, berichtet der Standard. Der Wahlkampfleiter von Van der Bellen, Lothar Lockl, sei „unglaublich erleichtert und dankbar“.
Erleichtert reagierten die Nachbarländer von Österreich. Der EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) bezeichnete 47 Prozent Zustimmung für Norbert Hofer als „eine schwere Niederlage für Nationalismus, Rückwärtsgewandtheit und antieuropäischen Populismus.“ Der italienische Außenminister Paolo Gentiloni sprach von einer „guten Nachricht für Europa“ und gratulierte Alexander Van der Bellen.
War der Ausgang vorhersehbar?
Die von der Tageszeitung Heute und dem Fernsehsender ATV beauftragte Unique Research-Umfrage prognostizierte Van der Bellen bereits am 18. November einen Erfolg von 51 Prozent.
Die Wahlbeteiligung gilt mit 72,7 Prozent als hoch. Bei der Stichwahl im ersten Wahlgang lag diese bei 68,5 Prozent.
Wahlkampfthemen
Van der Bellen mobilisierte bereits im Vorfeld mit Videobotschaften einer Kriegsüberlebenden, suchte Unterstützung von Prominenten und nutzte heimatverbundene Wahlsprüche.
Plakatpräsentation von Alexander #VanderBellen: Infos zur Kampagne unter https://t.co/6P90osovUu #Bpwahl16 pic.twitter.com/Pc3KkYGSTN
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) August 23, 2016
Rainhard #Fendrich stellt „I am from Austria“ im Wahlfinale zur Verfügung – eine kleine Sensation! https://t.co/YPiJ4hbhtL#bpw16
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) November 28, 2016
9 Monate Wahlkampf
Bei der Stichwahl am 1. Juni trennten die beiden Kandidaten letztendlich nur 0,3 Prozent voneinander. Während nach der Auszählung aller Bundesländer am Wahlsonntag Hofer vorne lag, änderten die Briefwahlstimmen das Ergebnis zugunsten von Van der Bellen.
Nach Unregelmäßigkeiten im Juni wurde die Wahl zum Bundespräsidenten vom Verfassungsgerichtshof für ungültig erklärt. Weil die Auszählung der Briefwahlstimmen etwa zu früh erfolgte, nicht wahlberechtigte Personen daran teilnahmen und Bleistifte anstatt Kugelschreibern in den Wahlkabinen bereitlagen, mußte die Wahl schließlich wiederholt werden. (vi)